Sonntag, 30. September 2018

Erntedank 2018 - Predigt

Liebe dankbare Menschen.
Als Gastmeister im Stift bin ich im Sommer hin und wieder damit beschäftigt den Gästen der vorhergehenden Woche ihr Ladekabel nachzuschicken.
Die Putzdamen sagen mir dann, in welchem Zimmer es lag, ich finde raus, wer in dem Zimmer war, suche die Adresse in meinen Unterlagen oder im Internet und packe es ein und bringe es zu unserer Poststelle.
Und es kam sogar schon mal vor, dass sich einer bedankt hat. In der Regel hört man nichts mehr. Manchmal denke ich dann, ich habe es an den Falschen geschickt. Der Grund ist ganz einfach: Die Leute haben eh zwei Ladekabel oder könnten sich ohne weiteres eins kaufen. Heute bestellen. Morgen im Packerl auf meinem Tisch. 
Wunderbare Welt. 

Wunderbare, fortschrittliche Welt. 

Wunderbare, fortschrittliche, undankbare Welt. 
Alles ist verfügbar. 
Ich könnte jetzt über viele undankbare Menschen berichten. Aber hin und wieder bin ich dann auch erschrocken. Erschrocken über mich und meine Undankbarkeit. 
Ein anderes Wort für Heilige Messe ist Eucharistie und das heißt "Danke sagen". Das ist das Schöne an unserem christlichen Glauben, dass wir unser Erntedankfest mit einem Adressaten feiern. Unser Dank beim Tischgebet und bei der Heiligen Messe geht in Richtung Herrgott. 
Und gerade diese Dankbarkeit macht uns nicht zu Menschen, die daher gekrochen kommen und sondern zu aufrechten Menschen. Das will uns das Evangelium lehren: 
„Einer von den Geheilten kehrte um und lobte Gott mit lauter Stimme. Er warf sich vor den Füßen Jesu auf das Angesicht und dankte ihm. Und Jesus sagte zu ihm: Steh auf und geh! Dein Glaube hat dich gerettet.“ (aus dem Evangelium Lukas 17,11-19)

Sonntag, 23. September 2018

heiliger Niklaus von Flüe

Niklaus, Vater von zehn Kindern - das Jüngste gerade erst geboren (!) - verlässt am Gallustag (16. Oktober) im Jahre 1467 Familie und Hof und zieht als Büßer in die Fremde. Seinen beiden ältesten Söhnen vertraut er den Hof an. Als Pilger unterwegs, kehrt er schliesslich in seinen Heimatort Flüeli zurück und lässt sich im Ranft als Einsiedler nieder. 
Liebe Schwestern und Brüder.
Nächste (diese) Woche feiern wir am Dienstag sein Fest. Niklaus von Flüe, der Schweizer Nationalheilige! Es ist der 25. September. Normalerweise feiert man den Heiligen ja an seinem Todestag (wenn der Heilige das Irdische verlässt und seine Seele in den Himmel geht). Nun war sein Todestag der 21. März - zum Zeitpunkt seines Todes noch Fest des heiligen Benedikt von Nursia. Also brauchte man einen Alternativtermin. Und was hat man genommen. Drei Tag nach dem letztmöglichen Almabtrieb. So kam man auf den 25. September. Das ist doch ziemlich praktikabel. 
Heute hören wir von Jesus wie er in seine Heimat - nach Galiläa - zurückkehrt. Wobei die Bibel den Begriff „Heimat“ ja nicht einmal kennt. Sagen wir also er ist da, wo seine Leute sind: seine Familie, seine Schüler (die ja zum Großteil Fischer am Galiläischen Meer sind). 
Es gibt immer wieder lustige Theorien, wo Jesus zu seinen Lebzeiten überall gewesen sein soll. Er soll demnach bis nach Indien gekommen sein. So nach dem Motto, irgendwo muss er das ja alles herhaben, was er predigt... Aber nein, er hat Galiläa (den autonomen Nordteil des alten römischen Reiches) und Judäa (den direkt von Rom abhängigen südlichen Teil) mit Jerusalem nie verlassen. Außer als er als Kind nach Ägypten geflohen ist - darauf legen die Kopten (die Christen in Ägypten) größten Wert. Letztlich hat er so den Boden Galiläas, Judäas und Ägyptens geheiligt. 
Nun ist er also in diesem kleinen und recht begrenzten Land unterwegs. Und er lebt seine enge Beziehung zu seinem himmlischen Vater. Sucht die Einsamkeit. DA, wo er gerade ist. Dann aber auch speziell bei seiner Wallfahrt nach Jerusalem.
Der heilige Bruder Klaus hatte seine Einsiedelei nur 10 min von seinem Bauernhof entfernt. Und doch hat er seine Ranft nie mehr verlassen. So lehren uns Jesus Christus und Bruder Klaus:

Sonntag, 16. September 2018

Cyprian und Cornelius

Wenn sich Kardinäle gegen den Papst stellen, lebt man schon in bewegten Zeiten. Sowohl Außenstehende als auch ein einfacher Priester fragt sich da: „Was ist denn da los?!“ Da stehen zum Teil Aussagen gegen Aussagen. Und der Papst, der sich doch sonst zu allem äußert, sagt ausgerechnet jetzt so wenig. 
Ein Schmierentheater? Keine Ahnung. Ich finde es dann immer so entlarvend, wenn irgendeine Zeitung von der Empörung lebt und diese befeuert und dann so tut als ob sie neutral über irgendetwas berichtet. 
Heute feiert die Kirche zwei Heilige aus dem 3. Jahrhundert: Cyprian von Karthago und Papst Cornelius. Auch sie lebten in sehr bewegten Zeiten. In Nordafrika gab es damals viele katholische Kirche. Doch unter der Verfolgung durch Kaiser Gallus fielen viele (man schätzt die Hälfte aller Gläubigen in Nordafrika) vom Glauben ab. Die Verfolgung endete und man wusste nicht, wie man jetzt mit den Abgefallen verfahren sollte. Und in diesem Punkt waren sich Cyprian, der Bischof von Karthago, und Cornelius, der Bischof von Rom einig. Man sollte Milde walten lassen. 
Aber in einem anderen Punkt vertrat der Bischof von Karthago eine ganz und gar andere Position als Rom. Was ist, wenn nicht katholischer Bischof eine Taufe spendet? Rom sagte, die Taufe ist gültig. Und Cyprian machte klar: Never - niemals ist die Taufe eines Ketzerbischofs gültig. Nur innerhalb der katholischen Kirche erfährt man heil. Der sogenannte Ketzertaufstreit.
Die Positionen zwischen den Bischöfen von Rom und Karthago waren dermaßen verhärtet und es wäre zur Spaltung gekommen, wenn ja wenn Cyprian nicht vorher gestorben wäre. 
Streit zwischen bedeutenden Bischöfen ist nichts neues. Das beruhigt mich dann doch ein bisschen. Und die Kirche feiert ausgerechnet den heiligen Cyprian als Heiligen, der eine Postion vertrat, die so rigoristisch (überstreng) war. Eine Position, die Rom damals und heute nicht geteilt hat. Rom war damals und ist auch heute milder als die Kirchen vor Ort. 
Auch unter den Jüngern kam es immer wieder zum Streit und auch zwischen den Apostel und Jesus sind deutliche Worte gefallen, wie das heutige Evangelium zeigt. 
Petrus nimmt Jesus beiseite und sagt ihm, dass das so nicht geht. Und darauf fährt ihn Jesus scharf an: „Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.“
Erscheint hier Jesus nicht als der strenge Hirte, der besser weiß, was für ihn und seine Schafe gut ist? 
Und hier ist ja auch anzunehmen, dass die Worte Petri voller Empathie waren. 
Wir kennen das, wenn jemand „doch nur das beste“ für den anderen will. „Das beste“ ist eben oft nicht das Richtige. 
Interessant ist hier auch, dass Jesus sogleich nicht von seiner eigenen Sendung erzählt, sondern dass er sofort von der Sendung und Mission aller Christen redet. 
„Das Kreuz annehmen“ ist eine grundsätzlich christliche Einstellung, die nicht nur den Heiland betrifft, sondern jeden Christen. 
Cyprian von Karthago ist als Märtyrer gestorben. Er hat eine ganze Menge Schriften hinterlassen. Was aber einzig und allein zählt, ist sind drei Sätze kurz vor seinem Tod. 
Unter Kaiser Valerian flammte dann die Verfolgung wieder auf und Cyprian wurde am 30. August 257 dem Proconsul (Statthalter) Aspasius Paternus vorgeführt. Auf die Frage des Proconsuls, wer er sei, soll Cyprian geantwortet haben:
„Ich bin Christ und Bischof. Ich kenne keine anderen Götter als allein den einen und wahren Gott, der Himmel und Erde gemacht hat, das Meer, und alles, was darin ist. Diesem Gott dienen wir Christen, ihn flehen wir Tag und Nacht an, für uns und alle Menschen, auch für das Wohlergehen der Kaiser.“
– Proconsularische Akten
Cyprian muss bewusst gewesen sein, dass dieses Bekenntnis einem Todesurteil gleichkam. Vom Proconsul wurde er verbannt, interniert und am 13. September 258 zum Tode verurteilt und am folgenden Tag bei Karthago öffentlich enthauptet. 

Freitag, 14. September 2018

das Kreuz bleibt

Predigt zum Fest Kreuzerhöhung
Gestern war ich mit einem Freund am Kiesstrand der Enns nahe der Johnsbachmündung. Er hat dann spielerisch so Ministeinmännchen gebaut. Eine tolle Konzentrationsübung, wo man mit ruhiger Hand Steine aufeinanderschichtet und sie durch das Gewicht austariert. Er hat es dann einmal auf 13 Steine gebracht. Das hat so was meditatives und zugleich sportliches. 
Ich habe keine Ahnung, ob diese Steine heute Abend noch stehen, ob sie der Wind oder Regen, der Bach oder gar die Laune eines Menschen wieder zu Fall gebracht haben. 
Was bleibt von unserm Leben?
Manchmal schaue ich mir alte Videos von einer Klosterfeier an oder Alben von einem Ausflug. Ich sehe dann da Gesichter von Leuten, die schon lange aus dem Orden ausgetreten sind. Einige meiner Freunde und Verwandten sind schon tot. Einige habe ich aus den Augen verloren. Einige sind jetzt mehr. Andere sind weniger. Sowohl körperlich als auch gesellschaftlich.
Was bleibt von unserm Leben?

Und doch besteht kein Zweifel, dass uns gerade die Dinge in Erinnerung bleiben und in unser Herz einpflanzen, die aus Hingabe geschehen. 
Das fängt beim 30cm großen Steinmänchen aus 13 Steinen an; da braucht ja der Erbauer Konzentration und ein ruhiges Händchen. Beim Gemälde einer Vierjährigen aus Liebe zur Oma oder zum Opa. 
Da ist ein Ausflug oder eine Reise mit guten Ideen lange vorbereitet. Eine gewaltige Feier, wo Musik und Essen und Ansprachen - einfach alles stimmig ist. Das bleibt. 
Und da ist natürlich die Liebe zweier Menschen, die sich in Hingabe einander schenken.
Die Hingabe des Menschen - das ist es, was bleibt, weil es sich in unseren Herzen manifestiert.

Als Gott vor 2000 Jahren sein Unternehmen Erlösung anging, wurde dem Menschensohn Jesus Christus, wie jedem Menschen, der Tod mit in die Wiege gelegt. Wir glauben ja, dass Jesus ganz Mensch und ganz Gott ist. Aber wenn er ganz Mensch ist, dann muss er eben auch sterben. 

Es wurde von den Römern dieses Schandmahl aufgerichtet. Ein arbor infelix („Unglücksbaum“) . Logisch war das nicht für römische Bürger gedacht, sondern vor allem für Aufständige; deren Anhänger sollten durch diese grausame Hinrichtungsmethode gewarnt sein. Todesstrafe und Warnung zugleich.
Warum hat unser Herrgott nicht eine andere Art erwählt, die Menschheit zu retten? Warum diese lebensverneinende, grausigste, abstoßende Art? 
Ein Unschuldiger, der unseren Schuldschein/ unsere Schuld an das Holz des Kreuzes geheftet hat. 

Natürlich hätte Gott den Menschen auf eine andere Art und Weise erlösen können. Aber, warum wählte er das Kreuz?

Damit wir wirklich wissen, wie ernst er es damit meint. 
Ich stelle mir einen Gärtner vor, der seinen Garten beackern will, sich aber ja nicht schmutzig machen will. Was ist das für ein Gärtner - mit Lackschuhen und Manschettenknöpfe oder was? „Bück Dich, awwer mach dich nett ja net dreggisch.“

Gott wird Mensch und steigt mit seinem Tod am Unglücksbaum in die tiefste Tiefe hinab. So wird das Kreuz uns zur bleibenden Erinnerung, dass Gott uns ganz nah ist, selbst am dunkelsten Ort dieses Planeten.  

Unser Herrgott wählt das Kreuz, damit wir begreifen, wie ernst er es mit uns meint. 

Sonntag, 9. September 2018

Blockade lösen

Gestern bei der Wallfahrt von Hall nach Frauenberg kamen viele ausgerechnet an den steilsten Stellen auf der Zirnitz ins Reden. Und da meinte ein Frau, dass irgendwann einmal ein 10-jähriger Bub das Kreuz der Wallfahrt tragen wollte. Und er durfte nicht, weil, ja weil er evangelisch ist. Ich meinte darauf natürlich sofort, dass das sicher schon lange her sei. Der Mann muss heute um die 40 sein und das war demnach vor ca. 30 Jahren. 
So etwas  kann man sich und mag man sich für heutige Zeiten gar nicht mehr vorstellen. 
Aber dass das in dem Mann und in seiner Umgebung etwas ausgelöst hat, beweist ja, dass man heute noch darüber redet.
Jeder von uns erinnert sich an Dinge in seinem Leben, die ihn prägen. Und da gibt es eben auch dieses schlechte Wort, dieses Nicht-Angenommen-Sein. 
Letztens habe ich es mal erlebt, dass ein dementer Mann etwas gewünscht hat. Daraufhin haben sage und schreibe vier Leute gleichzeitig gesagt, dass er das nicht so meine und in Wirklichkeit wolle er ja das und das. Ich kam mir vor, wie im falschen Film. Ich habe dann laut (und ab und zu werde ich laut - verstehen tut mich deshalb aber auch keiner) gesagt, dass ich für mich hoffe, dass ich im Alter nicht von Leute umgeben sein möchte, die mein Sprechen und Handeln ignorieren und mir laufend aufschwätzen wollen, was ich ja eigentlich und wirklich will. 
Was löst das in so einem Dementen aus. Was löst das in den Kleinsten und Wehrlosesten aus. 
Es gibt sie dann eben doch, diese Blockaden von außen und innen, die uns zum Schweigen bringen. Man sagt dann irgendwann nichts mehr. 
Ähnlich verhält es sich ja auch bei den Totschlag-argumenten. 
Und gerade da setzt doch das heutige Evangelium an.  Das ist vom Taubstummen die Rede und die Tatsache, dass er nach seiner Heilung wieder richtig reden kann, lässt uns vermuten, dass er in seinem Leben schon mal richtig reden konnte. Da ist also in der Tat wahrscheinlich irgendwas passiert, das ihm die Zunge verschlagen hat. 
Wenn wir von der Behandlung Jesu hören klingt das in unseren Ohren befremdlich. Und doch handelt er hier liebend, väterlich. Oder eigentlich eher mütterlich. Wie die Mutter ihr Kleines nimmt Jesus den Taubstummen beiseite und schenkt ihm seine ganze Aufmerksamkeit. Er ist ganz nah bei ihm und berührt ihn an der Zunge und schmiert seinen Speichel an seine Ohren. Mit Speichel Wunden behandeln kennen wir zumindest beim Insektenstich. 
Und dann diese Seufzer Jesu. Er macht das Anliegen des Taubstummen zu seinem und seufzt und betet für ihn zu seinem himmlischen Vater. 
An diesem Seufzer Jesu wird deutlich, wie sehr sich die ganze Schöpfung nach Erlösung sehnt und wie sehr sich Jesus diese Sehnsucht nach einem erfüllten Leben zu eigen macht. 
Nur so kann ich als Priester meinen Dienst verstehen, könnt ihr als Getaufte Euren Dienst verstehen. Machen wir uns nicht gemein mit den Blockierern und denen, die durch schlechte Worte andere zum Schweigen bringen. Sondern bringen wir die Anliegen der Kranken und Verängstigten mit Seufzen und Klagen vor Gott. Amen. 

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