Sonntag, 11. November 2018

Predigt zum 31. Sonntag im Jahreskreis - Witwe von Sarepta

Letzte Woche war ich in einer Volksschule (nicht in Ardning) und kam mit der Frau Religionslehrerin in die erste Klasse. Vorne auf dem Schreibtisch der Lehrerin stand an exponierter Stelle ein Buch: „Zum Glück lebst du nicht im Mittelalter - Begegnungen auf die du gut verzichten kannst.“ 
In leichter Sprache wird den Kinder darin erklärt wie finster das Mittelalter war. Und dabei erfahren sich auch gleich, was ein Priester damals war:
„Er ist schlau und gerissen und hält Ausschau nach Menschen, die die Gesetze der Kirche brechen.“
Die Klassenlehrerin hat sich, als ich dieses Buch der Woche entdeckte auch gleich entschuldigt und erwähnt, dass da vieles nicht drin stimme und es total überzogen sei. Das fand ich gut. Schließlich wollte uns die Aufklärung doch lehren, dass es keine Schwarzweißmalerei gibt? Oder wollte sie das? Oder wollte sie nur ihre eigene Überlegenheit darstellen und hat dabei das Mittelalter mit allen dunklen Tönen bemalt, die der Malkasten hergab?

Ich erwähne immer wieder, dass die schlimmsten Kriege und Verbrechen in der Neuzeit stattfanden. Gerade in diesen Tagen denken wir ja an den unsäglichen Ersten Weltkrieg und weisen mit Recht darauf hin, dass nur die Staatsmänner gut sind, die uns vor einem Krieg bewahren und den Frieden sichern. 
Nun kann man natürlich hingehen und etwa Gestalten des Mittelalters überzeichnen. Man kann sich fragen, ob wir als Kirche das nicht tausend Jahre mit unseren Heiligen so betrieben haben.  
Und Schwarz-Weiß-Malen, das kann Religion doch auch ganz gut: Pharisäer, Schriftgelehrten, Zöllner, Heiden, Juden… 
Alles Menschengruppen, mit denen die Kirche nicht gerade zimperlich umgegangen ist. 
Und gerade deshalb ist Differenzierung wichtig. Ist es wichtig die Nebenschauplätze in den Fokus zu rücken.
Und das geschieht heute in wunderbarer Weise in der Lesung aus dem ersten Buch der Könige und im Markusevangelium.  
Da wird jeweils eine Frau erwähnt, eine Witwe, die nichts mehr vom Leben erwartet. Die aber ein Gebende ist. Die Witwe von Sarepta kümmert sich um ihren Sohn - so weit es halt noch geht. Und sie geht auf den Handel mit dem Propheten Elija ein und backt ihm eine Kleinigkeit.
Ebenso die Witwe im Neuen Testament. Längst hätte man sie und ihre zwei kleinen Münze vergessen. 
Aber diese kleine Tat bleibt nicht unbeachtet. Es ist eben nicht umsonst, wenn man gibt, was man hat. 
Kaum ein anderer Heilige lehrt uns das Teilen wie der Heilige Martin von Tours. Diese eine Geste vor den Toren von Amiens wird bis heute allen Kindern erzählt. Er war in diesem Moment kein Bischof, sondern ein ungetaufter römischer Soldat. Wohl Taufbewerber, aber eben ungetauft, denn Soldaten, die Kriegsdienst hatten und als solche auch töten mussten, konnten die Taufe nicht empfangen. 
Auch mit einer kleinen Geste (das Gebäck für Elija, die zwei Münzen im Markusevangelium oder der geteilte Mantel) kann man klar machen, wie ernst man es meint mit seiner Gastfreundschaft, mit seinem Willen, sich um die Ärmsten zu kümmern, mit seinem Wunsch Christ zu werden. 
Es liegt an uns, welche Geschichten wir uns am Herd erzählen, welche Geschichten wir in den Fokus nehmen, bzw. in unser Leben einilassen. Wählen sie klug. 
Im übrigen ist die Geschichte des Propheten Elija ziemlich grausig. Wir hören hier immer nur so Ausschnitte. Aber die Hungersnot von der berichtet wird hat Gott geschickt. Er lässt es aber nicht dabei, sondern schaut in Güte auf die Witwe in Sarepta. Doch die Geschichte geht weiter. Die haben zwar erst zu essen, doch dann stirbt der junge Sohn der Witwe. Was jetzt los ist, kann man sich vorstellen, die Witwe übersät Elija und seinen Gott mit Vorwürfen. Der freilich zögert keine Sekunde und erweckt den Sohn wieder zum Leben. 
Gott, ich bitte Dich, Du bist ein Gott des Lebens. Befreie uns von den Fesseln des Todes. 
Und vor allem schaue auf uns, so wie du auf die Witwe von Sarepta geschaut hast und wie Jesus die Witwe gesehen hat, schaue auf uns und unser Herz. Wandle unser Herz, dass wir geben und unser Herz nicht lieblos und kalt ist. 

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