Samstag, 27. Juli 2019

Requiem für einen Maurer

Lesungen: 1 Kor 3, 10-15 und Lk 6,17.20.47-49.

Liebe Trauerfamilie, liebe Schwestern und Brüder.
In einer wichtigen Sache unterscheiden ich mich vom verstorbenen NN und von Jesus, dem Sohn des Zimmermanns: Im Gegensatz zu mir waren beide fähig ein Haus zu bauen. 😉
In beiden Lesungen wird heute das Leben oder das Werk eines Menschen mit dem Hausbau verglichen. Klar wird hier, dass sowohl Paulus als auch Jesus gelernte Handwerker waren. Klar hier wird hier, dass Hausbau oder Lebenswerk nicht husch husch gehen, sondern man ein Fundament haben muss und den Mörtel entsprechend mischen muss, damit er hält. 
Geduld und Liebe sind sicher zwei Dinge, die Euren lieben Verstorbenen auszeichnen. Geduld und Liebe braucht man als Maurer, aber die beiden sind auch unerlässlich, wenn man wieder aufeinander zugehen will und sich die Hände reichen will. 
In Geduld und Liebe hat er auch die letzten Monate auf sein Leben zurückgeblickt. Vielleicht seid ihr jetzt in Gedanken mit ihm; aber ebenso hat er auch euch in seinem Herzen mitgenommen. Denn die Liebe hört niemals auf. 
Geduld und Liebe sind zwei Eigenschaften, die sicher auch aus der Hoffnung gespeist werden. 
Eine Hoffnung wider aller Hoffnungslosigkeit. 
Gerade in seiner Krankheit hat er N gezeigt, wie viel Hoffnung in ihm steckt und dadurch hat er nicht nur sich, sondern auch seinem Umfeld Kraft gegeben. 
Und sicher war es zum Schluss auch die Hoffnung auf eine
Wohnung im Himmel. Ich kann mir zwar vorstellen, dass er auch dort noch die ein oder andere Wand aufstellen wird und sein himmlisches Haus entsprechend gestalten wird. 😀 Aber viel wichtiger scheint mir, dass er dort mit offenen Armen von unserm himmlischen Vater geduldig und liebend empfangen wird. Amen. 

Freitag, 19. Juli 2019

Requiem - Predigt zum Evangelium "Marta und Maria"

Für viele ist der Tod etwas endgültiges. So wie Leben auf wunderbare Weise entsteht und wir dabei auch bewundernd diese sagenhafte Werden anschauen, so hat auch alles Lebende gleich den Tod in seiner DNA mitbekommen - im Rucksack tragen wir den Tod seit der der Geburt mit uns mit. 
Und ich stimme ja durchaus, was die Endgültigkeit betrifft, überein, wenn ich mir bewusst werde, dass es hier in diesem Leben mit der Verstorbenen kein Wiedersehen geben wird. 
Als manchmal zweifelnder, aber dennoch gläubiger Christ glaube ich an das Gute und dass Gott nicht nur alles Gute in sich vereint, sondern es auch gut meint mit seiner Schöpfung. ER will seine Schöpfung retten und damit ganz eng an seine Brust ziehen. Dieses göttliche Angenommen-Sein nennen wir Taufgnade: „N, Du bist meine geliebte Tochter“ sprach unser Herrgott in der Taufe vor über 80 Jahren zu Dir.  „N, Du bist meine geliebte Tochter“, so spricht unser Herrgott auch heute nach Deinem leiblichen Tod zu Dir. Deutlich wird das zB auch in der Taufe, wo der Mensch mit einem Taufkleid ein neues Gewand anzieht. Bekleidet mit den Gewändern des Heils. 
Es ist vor allem auch ein Gewand der Freude. „Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?“
Dieses Angenommensein hat Eure liebe Verstorbene Mutter, Schwiegermutter und Großmutter durch ihren Herrgott wahrgenommen. Sie hat es aber in ihrem ganzen Leben gelebt und erlebt durch das gegenseitige Annehmen: In ihren Eltern, in ihren Kindern, in ihrer Schwiegermutter, in ihren Enkeln und Urenkeln. 
Voll Dankbarkeit kann man also am heutigen Tag sagen, dass ihr Leben ein großartiges Lied war und ist, dass vom Angenommen-Sein erzählt. 

Wir haben gerade auch das Evangelium vom kommenden Sonntag gehört. Da ist von zwei Seiten unseres Menschseins die Rede: Die aktive und die passive Seite. 
In unserm Gespräch am Dienstag und in den niedergeschriebenen Erinnerungen haben Sie, liebe Trauerfamilie, ja beschrieben, was Sie alles gemeinsam unternommen haben. Wie sich N selbst zurückgenommen hat, um anderen zu helfen und zur Seite zu stehen. Die Sorge der Marta ist wichtig.
Aber viel entscheidender und deshalb auch in der Trauer das Herz viel mehr belastend, ist einfach nur im Dasein oder jetzt eben Nicht-Mehr-Dasein grundgelegt. Dieses Gefühl beim andern, man ist willkommen, dieses gute Gefühl im Herzen, sie ist da oder jetzt eben, sie ist nicht mehr da. 
Liebe Trauerfamilien x und y. 
Liebe Trauergemeinde.
Im Tod wird vielleicht nochmal besonders deutlich, dass ich einen Menschen, den ich liebe, dass ich ihn habe, aber niemals besitze. 
Ich sehe den Rückblick auf das Leben Eurer lieben verstorbenen Mutter, Schwiegermutter und Großmutter auch als Erinnerung für uns, dass wir füreinander da sind. 
Als Christ glaube ich, dass N jetzt ganz bei Gott ist und auch wieder mit ihrem Mann vereint beim himmlischen Hochzeitsmahl. 
Dieses „Bei-Gott-Zu-Gast-Sein bzw. „Bei-Gott-Sein“, dass ist es auch, was wir in der Heiligen Messe feiern und deshalb fühlen wir uns gerade beim gemeinsamen Brechen des Brotes, bei der Eucharistie, mit unserer lieben Verstorbenen besonders verbunden. 

Lesungen: 1 Kor 15,54-58; Lk 10,38–42,

Sonntag, 14. Juli 2019

Nächstenliebe und Gottesliebe

Vorletzte Woche bin ich mit einer Gruppe russischer Christen über unser Stiftsgelände gegangen. Und da kamen wir auch am Stiftsgymnasium vorbei. Da fragte eine Russin, was den diese Schule von anderen Schulen unterscheiden würde. 
Wir hatten was ein Glück einen ehemaligen Direktor einer Wiener Caritas-Schule dabei, der sogleich erklärte, wie sich eine kirchliche Schule finanziert; da werden zB die Lehrerinnen und Lehrer vom Staat bezahlt. Die Baulast hat der kirchliche Träger, kann aber in besonderen Fällen um Zuschüsse bitten. 
Ich war natürlich heilfroh, dass ich jemanden dabei hatte, der die Frage so kompetent beantworten konnte. 
Ich war natürlich heilfroh, dass man so dem eigentlichen Thema entfliehen konnte. Denn ich kann mir vorstellen, dass diese russische Dame etwas vom gelebten christlichen Glauben, vom Miteinander an der Schule, von den gemeinsamen Gottesdiensten hören wollte. 
Irgendwann vor zehn Jahren hatte sich unsere Schule mal ein Leitbild gegeben. Es war der evangelische Pfarrer Mag. Dr. Gernot Hochhauser, der bei der 375-Jahr-Feier des Stiftsgymnasiums daran erinnerte: LEBEN LERNEN, GOTT SUCHEN, RESPEKT UND VERTRAUEN, ACHTSAMKEIT, GEMEINSCHAFT.
Ich glaube mich zu erinnern, dass ich damals im Vorfeld dieser Formulierung des Leitbilds kritisiert habe, dass statt „Nächstenliebe“ das Wort „Respekt“ benutzt wird. Man hat vielleicht deswegen, damals geschrieben „RESPEKT UND VERTRAUEN“ - keine Ahnung. Weil Respekt klingt für mich nach „Recht einfordern“, nach Respektsperson, Respekt vor dem Alter… Aber dafür brauche ich keine christliche Schule und keinen christlichen Glauben. Schade, dass dieser Begriff Nächstenliebe aus dem heutigen Evangelium selbst nicht mehr von Christen gebraucht wird. Könnte ja was typisch Christliches sein. Statt dessen heisst es also „Respekt und Vertrauen“.  Auch gut. 

Für was brauche ich überhaupt einen christlichen Glauben? Man kann auch so ein guter Mensch sein. 
Wenn man das heutige Evangelium flüchtig überfliegt, dann ist es vielleicht einfach nur eine Anweisung gut am Nächsten zu handeln. Und der Nächste ist nicht mein Glaubensbruder und nicht mein Landsmann, sondern der Fremde. Punkt. 
Genau deshalb lese ich ja den ganzen Text vor und nicht nur ein Happerl. Die Anfangsfrage des Schriftgelehrten war die nach dem Ewigen Leben. Ein Mensch hat kein ewiges Leben aus sich heraus. Wir sind die gefallene Menschheit, wir sind Sünderinnen und Sünder und wir müssen alle sterben. 
Wenn hier vom ewigem Leben die Rede ist, dann ist hier von Gott die Rede. Deshalb empfehle ich statt „ewig“ „göttlich“ zu lesen. 
Was muss ich tun, um göttliches Leben zu erben? Was muss ich tun, um ganz nah bei Gott zu sein? Was muss ich tun, um göttliches, ewiges Leben zu erben?
Dass heisst im Evangelium entspringt das Gute Handeln dem festen Willen zu Gott zu gehören. Das ist unser Antrieb. 
Und ich möchte hier einen neuen Begriff hineinwerfen, der zutiefst das Christentum und die katholische Kirche beschreiben: Universalität. Für alle. 
Die Kirche ist keine Nationalkirche. Die Nächstenliebe richtet sich auch nicht nur an bestimmte Volksgruppen. Man muss auch die Deutschen zB. (oder die Afghanen, die US-Amerikaner oder…) lieben. 
Das liegt einfach in der Liebe Gottes begründet, die keine Grenzen kennt. 
Man zeichnet gerne Hassgrenzen zwischen den einzelnen Völkern und zeigt sich dann von der Ferne entsetzt.
Ich selber muss gestehen, dass ich auch Grenzen ziehe und oft wie der Priester und Levit im Evangelium weiter ziehe. 
Wie gerne würde ich mir meine Oberen, meine Brüder, meine Gäste anders backen. Immer gefallen die mir nicht. 
Du kannst dir deinen Nächsten nicht malen. Er oder sie wird immer wieder ganz konkret vor dir stehen. 

Für diese neue Woche wünsche ich Ihnen ein offenes Ohr, Tatkraft und das rechte Wort zur rechten Zeit auf den Lippen. 
Ganz eng sind diese beiden Gebote miteinander verbunden: Gottesliebe und Nächstenliebe. 
Es ist die selbe göttliche Kraft.
Die Kraft in mir, die es fertigbringt, dem anderen zu helfen und 
die Kraft der göttlichen Liebe, die mich aus dem Todesdschungel befreit. 
Dein Nächster / Deine Nächste steht schon gleich um die Ecke. Öffne ihr/ öffne Ihm dein Herz, so wie ER (Gott) Sein Herz für Dich öffnet. 

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