Sonntag, 27. Dezember 2020

Predigt in der Heiligen Nacht (Tituslesung)

Passt dieses Weihnachtsfest eigentlich noch in unsere ach so aufgeklärte Welt? Natürlich, wenn man es für seine Zwecke benutzt. Und die christliche Botschaft kann man ja verkürzen und entsprechend nutzen. Für den Kommerz bleiben die Geschäfte offen, damit man einkauft und den Handel am Leben erhält. Aber auch für Kapitalismuskritik oder Kritik an den Reichen lässt sich Weihnachten nutzen: Die Eltern finden keine Herberge, werden von den Reichen abgelehnt und das Kind wird in der Armut eines Stalls geboren. Eindeutig.

So wie ich Euch und mich kenne, stehen wir irgendwo dazwischen. Es ist schön, sich zu beschenken, aber ebenso sollte man kritisch bleiben, nicht alles selbstverständlich nehmen und auf die nicht so Privilegierten schauen.

So wie ich Euch und mich kenne, stehen wir auch beim Virus irgendwo dazwischen, auf der einen Seite eine Angstmache auf der anderen Seite ein „So Schlimm ist das doch alles nicht“.

Vielleicht habe ich deshalb auch heute die Tituslesung ausgewählt, weil da dieses schöne Wort „besonnen“ vorkommt.

Die Gnade Gottes erzieht uns besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt zu leben.

Die Menschwerdung in diesem kleinen Kind lehrt uns, dass wir Kinder dieser Welt sind und uns entsprechend auch anpassen müssen, uns den Regeln dieser Welt unterwerfen müssen.

Und doch haben wir eine doppelte Staatsbürgerschaft. Da hab ich die jungen Leute in der deutschen Botschaft in Wien immer drum beneidet. Sie mussten ihrer Heimat nicht ADE sagen und konnten sogleich die doasige Staatsbürgerschaft annehmen. Aber genau dieses Glück haben wir als Christen auch.

Unser Retter Christus Jesus hat sich für uns hingegeben, damit er für sich ein Volk schaffe, das voll Eifer danach strebt, das Gute zu tun.

Wir gehören zu diesem neuen Volk. Und mit dem Kind in der Krippe fängt es an.

Und den Hirten wird es zuerst verkündet.

Vielerorts erzählen die Predigerinnen und Prediger heute Abend, die Engel haben die Hirten erwähnt, weil sie so arm sind und Gott zuerst für die Armen kommen wollte. Das ist ja schön, aber stimmen tut es deshalb nicht. Die Hirten als Wächter waren in dieser Nacht von Bethlehem verfügbar. Sie waren in der Nähe und konnten kommen. Sie spiegeln den normalen Menschen wieder (nicht ganz reich, nicht ganz arm)

Die Texte dieser Heiligen, Stillen Nacht sind dynamisch. Da gerät etwas in Bewegung.

Jesaja berichtet vom EIFER Gottes für sein Volk und der Titusbrief berichtet von unserem EIFER, Gutes zu tun. Und schließlich die Hirten, die so flexibel sind, sich aufzumachen und das Kind zu besuchen.

Überhaupt wird im Weihnachtsevangelium nicht soo viel von der Geburt erzählt. Die ist ruhig, klein und unscheinbar. 


Es geht um die Umstände: Wer der Kaiser war, der war zwar weit weg (in Rom), hat aber letztlich alles für sich vereinnahmt; es geht um die Volkszählung und schließlich wird sehr ausführlich die Verkündigung der Engel an die Hirten geschildert.

Und da dürfen wir die kleinen Wörter nicht aus den Augen verlieren, weil es plötzlich um uns geht.

Heute ist euch der Christus geboren. euch. Es geht nicht um die anderen. Es geht nicht um Gott. Es geht nicht um die Familie Jesus, Maria, Josef. Es geht um Dich. Um Mich. UNS ist der Retter geboren.

Etwas Neues. Etwas Zartes.

Etwas Neues für UNS. Etwas Zartes für UNS. 

Etwas Neues in UNS. Etwas Zartes in UNS. 

Etwas das unser Herz berührt.


Sonntag, 6. September 2020

Firmung 2020 in St. Gallen - Predigt

Lesungen: Ezechiel 36,24-28 und Lk 4,16-22a 

Liebe Firmlinge, liebe Schwestern und Brüder.

Das Wetter meint es heute gut mit uns. Am Vormittag noch kein Regen. 

Erst am Nachmittag wird uns die Regenfront erreichen. Wenn schon die Vorbereitung auf diese heilige Firmung flöten gegangen ist, so soll wenigstens heute eure Feier eine Schöne sein. 

Stimmungen bzw. das Leben unserer Seele beschreibt man auch oft mit dem Wetter. Man spricht vom eitlen Sonnenschein,Das Wetter von einem ordentlichen Donnerwetter, von sieben Tage Regenwetter, von einer eisigen Kälte usw. Und da meint man eben nicht das Wetter, sondern die Gemütslage. Wenn ich auf mein Leben zurückschaue, dann finde ich auch viele glänzende Sonnentage. Da sind aber auch die Tage der Finsternis und der großen Traurigkeit. 

Ich erinnere mich zum Beispiel wie ich in einem Kloster in Salzburg gelebt habe. Es hat dort irgendwie alles gepasst. Es gab dort viele junge Brüder, wir haben herrlich gesungen, wir hatten prachtvolle Gottesdienste, waren aber auch für Neues im Haus immer wieder offen. Ein Kloster mitten in der Welt. Für mich damals als 26-Jähriger der Himmel auf Erden. Aber dann gab es ein großes Donnerwetter. Und von einem auf den anderen Tag stand plötzlich alles infrage. Und an so einem Tag saß ich in der Kapelle, nach und nach kamen die anderen Brüder rein und mir wurde bewusst, dass jede Berufung nur an einem seidenen Faden hängt. 

Das, was mir so viel Sicherheit gab und so viel Vertrauen, war plötzlich nicht mehr da. Und es sollte nie mehr so werden, wie es mal war. 

Was trägt uns? Was hält uns? Was hat in unserem Leben Bestand? Nur eine Krise schafft es, dass wir uns diese elementaren Fragen stellen. 

„Ich nehme euch euer Herz aus Stein und gebe euch ein Herz aus Fleisch.“ So lässt der Prophet Ezechiel Gott zu uns sprechen. Ich nehme euch euer Herz aus Stein und gebe euch ein Herz aus Fleisch. 

Gott, ich danke dir, dass du mir ein Herz aus Fleisch schenkst, manchmal wünsche ich mir vielleicht, ich hätte ein Herz aus Stein und nichts würde mich verletzen. So wie diese sündteuren Bratpfannen, es tangiert mich nicht. 

Aber dann würde ich wahrscheinlich auch nicht reagieren, wenn ich jemand mag oder wenn jemand mir etwas Gutes tut.  Gott, ich danke dir, dass du mir ein Herz aus Fleisch schenkst, dass du mich verletzbar machst. Aber, wenn ich dann verletzt bin, heile mein Herz auch wieder.  

In wenigen Minuten werdet ihr mit Chrisam gesalbt. Darin wird eure würde als Söhne und Töchter Gottes sichtbar. 

Würde und Verantwortung in der Kindschaft. 

Ihr seid verantwortlich für euer Leben. 

Ihr seid mitverantwortlich für Eure Familie, für unsere Schöpfung und auch für unsere Kirche. Es ist nicht meine Kirche. Der Pfarrer ist nicht an allem Schuld. Es ist ebenso eure Kirche.

 Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.

Im übrigen, wenn diese Krise damals in Salzburg nicht gewesen wäre, dann wär ich jetzt wahrscheinlich nicht bei euch. Ihr hättet mich als Pfarrer nichtnicht, aber was wahrscheinlich viel schlimmer wiegt, ich hätte euch nicht.  Das Ergebnis manch einer Krise zeigt sich erst Jahrzehnte später. Gott, ich weiß oft nicht was du mir sagen willst, aber führe Du alles zum Guten. 

Gott, sende uns deinen Geist, der uns tröstet, der uns lebendig macht und der uns mitfühlen lässt für den anderen. Amen. 


Donnerstag, 20. Februar 2020

Reimpredigt 2020 - Faschingspredigt

Reimpredigt 2020 zum Evangelium vom 7. Sonntag im Jahreskreis A.

Oftmals ist der Mensch ein Tier;
Kennt nur Hass und Neid und Gier.
Unrecht ist ihm widerfahr´n.
In ihm kommt Vergeltungswahn.
Um dies irgendwie zu zügeln,
Kamen Könige ins Grübeln
Und erfanden vor 4000 Jahren
Ein etwas gerechteres Verfahren.
So galt nun das Talionsprinzip,
Das Jesus uns heut’ schon beschrieb.
Wenn ich dir eben ein Ohr abschneid,
Du meins abhackst und zu End’ ist der Streit.
Es galt also gleiches mit gleichem zu vergelten,
Statt immer aufs neue mit dem Nachbarn zu schelten.
Meiner Gerechtigkeit wird damit Genüge getan
Ich bleib’ kultiviert, werd’ nicht zum wilden Partisan.

Jesus, er geht einen Schritt weiter.
Er erklimmt mit uns die Himmelsleiter.
Dem Schläger soll ich die andere Backe hinhalten.
Statt nur das Hemd geb’ ich auch den Mantel- ohne Anstalten.
Wenn einer mich zwingt zu einer Meile,
Dann geh ich zwei mit und hab keine Eile.
Sei gnädig wie der große Gott!
Doch bringt mir das nicht eher Spott?
Als Weichling bin ich dann bekannt,
Ein Spielball für den Intrigant.
Ich muss mich doch wehren, das wird ja immer toller.
Ich geb’s zu, so wird auch der Versöhnungsweg mühevoller.

Jesus überrascht mit einer versöhnenden Tat
Der Gegner versteht’s nicht, schaut dumm zum Quadrat.
Sein Hirn, es rattert, sein Plan geht nicht auf.
Die Gewalt, sie stockt in ihrem Lauf.
Segnet alle, die Euch verfluchen,
Wenn’s auch nicht gleich klappt, Ihr solltet’s versuchen.

Dienstag, 4. Februar 2020

Requiem für einen Volksmusiker

Predigt zum Requiem von Ernst Zwanzleitner
Ich konnte natürlich nicht anders und habe als Evangelientext die Geschichte aus Lukas 1 gewählt (Lk 1,39-56), wo Maria ihre Tante Elisabeth besucht und dabei das Magnificat anstimmt. Sowohl das Bergland kommt darin vor, als auch der Gesang und damit die Musik. Voll Dankbarkeit gegenüber dem Leben verschmelzen Landschaft, Hingabe und Lied miteinander. 
Unzählige Steirerinnen und Steirer denken an Ernst Zwanzleitner, wenn sie an Brauchtum und an die Liebe zu ihrer Heimat denken. Und das Besondere dabei ist auch, dass er den Menschen vor ihren Radiogeräten eine so große Freude vermittelt hat - Freude und Dankbarkeit, die tief aus seinem Herzen kamen und die man nur verstehen kann, wenn man weiß, wie sehr er seine erste Berufung als Ehemann, Vater, Schwiegervater, Opa und Bauer gelebt hat. 

Im geistlichen Leben eines Mönchs gibt es so einen Grundgedanken, der da heisst: "Zur ersten Liebe zurückkehren." Gemeint ist diese Flamme in uns, die wir als junge Menschen hatten und wo wir voller Kraft Bäume ausreisen konnten. Wo die schlaffen Hände stark und die wankenden Knie gefestigt sind. (vgl. Jes 35, 3)
Ernst hat diese erste Liebe immer gepflegt und bewahrt und vor allem auch an die Seinen weiter gegeben. Schließlich ist Liebe eine Sache, die nur wächst, wenn man sie weiter schenkt. 

Aus vollster Seele war Ernst ein Volksmusiker. Vielleicht sagt diese Art, wie er Musik gemacht hat, etwas aus, wie er zum Leben und zum Tod stand:
  1. Gute Musik und gutes Leben sind keine Endlosschleife, sondern weisen eine Begrenzung auf. Einen Wert hat das Rare. Für mich ist das der Versuch einer Antwort auf die immer wiederkehrende Frage, warum gerade die Guten sterben müssen. 
  2. Der Musizierende und der Lebende muss hinhören. Mir kommt da dieses Bild, wie die Ohren von Ernst fast schon auf dem Instrument seines Mitspielers lagen; und diese Eigenschaft hat euer Ehemann, Vater, Schwiegervater und Opa auch bei euch gehabt: immer zuerst zuhören. Eine extreme Aufmerksamkeit, die vor allem auch seinen Enkeln zuteil wurde. 
  3. Gute Musik und Gutes Leben müssen in die Tiefe gehen. Behutsam ergründet man gemeinsam die Tonleiter. Immer auf der Suche nach dem Schönen und Harmonischen. Nur so erzeugt der Musizierende eine Freude, die lange anhält und uns berührt. 
Ernst Zwanzleitner hat wie kein anderer tief geschürft nach dem Schatz. Er hat mit seinen großen, gütigen Händen Aquarelle gemalt, Musik gemacht, Gedanken niedergeschrieben und als Bauer gearbeitet. Und vor allem hat er immer gewusst, wo sein Platz ist und wo er als erstes gebraucht wird: bei seiner Familie. 

Gott, 
du liebst den fröhlichen Geber, 
Ernst hat sich ganz verschenkt, 
nimm du ihn auf in Deine Ewige Freude. 

Samstag, 1. Februar 2020

Weihnachtspredigt 2019 - Hirten - voller Erwartung und voller Aktivität

In der letzten Zeit habe ich mich oft erwischt, wie ich an den Bäumen vorbei in den Himmel schaute und oben: alles mit dunklen Wolken behangen. Und da glaubt man doch, dass die Sterne hier und da durchblinzeln. Und doch weiß ich, da blinzelt nichts durch. Es ist dunkel. Ich weiß aber auch, dahinter verbirgt sich ein strahlend klarer Sternenhimmel. 
Voll Liebe schauen wir heute auf die Figuren der Krippe. Ich denke an die Hirten. Wie sie Menschen voller Hoffnung sind und ihre Herzen noch erwärmen konnten. Gegen alle Berechnung vertrauten sie auf Gottes Botschaft. Sie waren voller Erwartung und voller Aktivität. 
Liebe Hirten, ihr helft uns, sehnsüchtige Menschen zu sein. Diese dauernde Beschäftigung mit sich selbst. Diese kleinen Eitelkeiten. Diese nicht gewollten Sticheleien. Ihr Hirten helft uns, dass wir darüber hinweg schauen können auf das eigentlich Wichtige: Auf die Botschaft der Engel, die unserem Leben Halt und Sinn geben. Ihr hielten helft uns, dass wir auch hingehen zur Treppe. Verhilft uns die Wunder in unserem Leben zu sehen. Verhelft uns zu einer neuen Wachsamkeit. Erneuert in uns die Begeisterung für die Gegenwart Gottes. Vor allem in den Sakramenten und dem Wort Gottes.