Mittwoch, 23. April 2014

Predigt Barmherzigkeitssonntag 2014

Als am 16. Oktober 1978 von der Loggia des Petersdoms der Name des zum Papst gewählten Kardinal verkündet wurde, dachten viele auf dem Petersplatz wahrscheinlich "des is ein Afrikaner?!"
Weutiwa?
Wer verbirgt sich hinter diesem Namen?
Als dann der ehemalige Kardinal von Krakau, Karol Wojtyła, als Papst Johannes Paul II. bejubelt wurde, war die Unsicherheit nicht geringer. Und so war es nur selbstverständlich, dass der neue Papst seine Rede mit den Worten „Fürchtet euch nicht!“ begann. Nach dem tragischen Tod Papst Johannes Paul I. und einer langen, langen Reihe italienischer Päpste war die Wahl des 58-jährigen Polen eine riesige Überraschung. "Fürchtet euch nicht!" Dieser einfache Satz ist auch der zweite Satz den der Evangelist Matthäus den Auferstandenen sagen lässt. Nach einem "Seid gegrüsst!" sagt ER "Fürchtet euch nicht! Geht hin, verkündet meinen Brüdern, dass sie hingehen nach Galiläa! Und dort werden sie mich sehen." (Mt 28,9-10)
Ganz anders im Johannesevangelium. Da wird nicht die Menge der Jünger angesprochen, sondern oft nur eine einzelne/ ein einzelner. Seine ersten Worte gehen an Maria Magdalena: "Frau, warum weinst du?" (Joh 20) Im folgenden unterhält er sich mit Thomas und mit Petrus. (Joh 20 und Joh 21)
Aber auch Johannes berichtet von der Furcht und einem Spruch Jesu, der ähnlich wie das "Fürchtet euch nicht!" beruhigend wirken soll; hier sagt er "Friede euch!"
Aber vor was fürchten die Menschen sich? Vor einem Gespenst? Vor dem Mob der Menge, die gerade erst Jesus ans Kreuz gebracht haben?
Die Furcht und Unsicherheit muss so tief sitzen, dass Jesus gleich dreimal im heutigen Evangelium sagt: "Friede euch!"
Furcht und Unsicherheit, obwohl doch der auferstandene HERR mitten unter ihnen steht. Und gerade hier scheint mir die Begegnung mit dem Apostel Thomas exemplarisch zu sein. Er, der nicht glauben konnte oder wollte, begegnet nun dem HERRN. Wie andere Apostel hat auch er Schuld auf sich geladen. (Man denke nur an die Verleugnung des Petrus oder an die Tatsache, dass elf seiner zwölf Apostel in der Todeststunde dem HERRN nicht beistanden)
Und jetzt begegnet Thomas der verzeihenden Liebe Gottes. Ein Gott der Wunden hat?! Wunden für uns geschlagen. Ist das überhaupt noch Gott? Zeichnet es Gott nicht aus, dass er unverwundbar ist?
Die Stunde des Thomas ist auch die Stunde unseres christlichen Glaubens. Der "Ungläubige" begegnet Gott in seiner Liebe und Allmacht.

verwandte Links:
Dr. Godehard Stadtmüller, Psychotherapeut, Facharzt für Neurologie, Lindau, über Johannes Paul den Großen (mp3 auf Radio horeb)
Die Texte der Lesungen vom Barmherzigkeitssonntag

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