Donnerstag, 19. Mai 2016

Requiem - Jakobs Kampf mit Gott

Liebe Trauerfamilie. Liebe Schwestern und Brüder.
Die eben gehörten Texte erzählen wie Jakob im AT und Maria von Magdala im NT Gott begegnen. Beides sind mir persönlich sehr wichtige Texte aus der Bibel, die mir gerade auch in schwierigen Stunden Trost gegeben haben. Jakob kämpft mit Gott. Es scheint die einzige Möglichkeit für ihn zu sein, dass er Gott nicht verliert. Er kämpft mit Gott und er kämpft um Gott. Dieser nächtliche Kampf gipfelt schließlich in dem Satz:  „Ich lasse dich nicht los, wenn du mich nicht segnest.“
Man könnte vielleicht Jakob auch die Frage in den Mund legen: „Warum meinst du es nicht endlich gut mit mir, Gott?“ Erst nach diesem Streit, wird er vom HERRN gesegnet und versöhnt sich schließlich mit seinem Bruder.
Dieser Kampf steht auch stellvertretend für den Kampf, den der Mensch im Angesicht des Todes antreten muss. Hier erfährt man Gott oft nicht als den Gott der Leben schenkt und Kraft spendet. Statt dessen wird einem ähnlich wie im Kampf Energie genommen und man fühlt sich vom HERRN angefeindet. Man kann nicht einfach so weiter beten.
Warum lässt Gott diese Zweifel zu?
Ähnlich bei Maria von Magdala. Ich muss gestehen, dass ich dieses Osterevangelium vor einer Woche noch anders gelesen habe:
Voll Zärtlichkeit und Innigkeit und Freude darüber, dass Maria nun ihren Herrn wieder findet.
Aber wenn man dieses Evangelium genau liest, lässt der Herr seine Jüngerin hier auch erst mal im Stich. Obwohl sie doch so viel Leid die letzten Tage erlebt hat, erscheint er ihr nicht gleich als der Auferstandene und gibt sich nicht zu erkennen. Ja spielt ER denn ein Spiel mit ihr? Er markiert den Ahnungslosen: „Frau, warum weinst du? Wen suchst du?“
Will er sie jetzt noch tiefer in den Sumpf hinabziehen? Was soll das?
Die beiden Menschen Jakob und Maria zeigen mir, dass der geliebte Mensch nicht als Triumphator dasteht, sondern dass das Leben uns oft Aufgaben und Kämpfe zuweist, die wir nicht so leicht tragen können und die uns auf bittere Weise an den Rand unserer Existenz und in große Traurigkeit bringen. Mit dem Patriarchen Jakob und der Jüngerin Maria wollen wir heute beten: Herr, lass mich in dieser Stunde des Leidens nicht los. Man hat mir meinen geliebten Menschen genommen. Gib mir doch Gewissheit, dass sie jetzt bei dir ist, du GOTT DES LEBENS.

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