Samstag, 13. August 2016

Predigt: Alles wird gut - Nein, nix wird gut.

Eigentlich wollte ich ja auf die Kanzel, damit ich Volk und Chor gleichermaßen sehe, habe mich dann aber doch für die übliche Mikrovariante entschieden, da meine Sankt Gallener das doch mehr lieben.
Wenn ich eine Kanzel sehe, muss ich immer an so einen Ausschnitt aus einem Louis de Funès - Film denken, wo er in seiner pseudofrommen Art eine Kirche betritt mit einem Geschäftsfreund ordentlich streitet und dann von der Kanzel entsprechend ermahnt wird. Der Pfarrer von oben - so ein rothaariger Schopf, so eine Art Pater Placidus auf französisch - ist einmal seinem störenden Gottesdienstbesucher ausgesetzt. Und dann ist die Kanzel dermaßen baufällig, dass die kleine Tür und das Mikrofon sich laufend öffnen und drehen und dann fängt auch noch die Kanzel an zu wackeln. Der Pfarrer hat ordentliche Probleme, sie durch sein Gewicht wieder in die richtige Position zu versetzen.
Dieses wackelnde Kanzel und der hilflose Priester sind natürlich etwas für die Lachmuskeln des Zuschauers.

Ich komme mir auch oft vor wie in so einer Kanzel oder in einem kleinen Fischerboot im Sturm - hin und her getrieben.
Da ist das schöne im Leben, diese Stunden der Dankbarkeit und Freude und dann findet man sich plötzlich wieder in irgendwelchen Traurigkeiten und Bösartigkeiten. Ein Hin und Her. Und das Leben ein kleines Schiff, das den Wellen ausgesetzt ist.
Und gerade deshalb finde ich die heutigen Lesungen so wichtig, da sie diesen Schrecken nicht ausklammern und ihnen einfach den Stempel „gottlos“ aufdrücken. So nach dem Motto, Du bist glücklich und gesund, wenn du an Gott glaubst und seine Gebote erfüllst und wenn Du doch Probleme hast, bist Du noch nicht ganz in Gottes Liebe.
Eine deutsche Moderatorin hat mal ne zeitlang jede ihrer Sendungen mit dem lächelnden Gruß „Alles wird gut“ beendet.

Ich möchte dieser Moderatorin erstmal entgegen rufen, „Nein, nichts wird gut.“
Natürlich können wir unsere Narben verstecken,
die missliebigen Töne rausschneiden und bei schlechtem Wetter eine Sonnenfolie vor das Fenster kleben. Aber helfen wird´s nicht.
Feuer tut weh. Spaltung tut weh. Wenn Leute gegen dich aufstehen, das tut weh.
In einem Wohlfühlglauben gibt es das alles offiziell nicht. Es geht so weiter und der Gottesdienst ist nur ein frommes, feierliches Deckmäntelchen.
Anders bei Christus, der gekommen ist das Feuer zu bringen. Man spürt beim Hören dieser Evangelienstelle richtig, dass das weh tut und Schmerzen verursacht. Und wie Christus sich da gar nicht rausnimmt und diese Feuertaufe auch bestehen muss: Sein Tod am Kreuz. Das ist die Feuertaufe, die die Welt rettet; wo es nur noch ein für oder ein gegen ihn gibt. Eine Trennung, die nicht nur am Jüngsten Tag geschieht, sondern auch schon jetzt. Denn an IHM scheiden sich nun mal die Geister.
Dieses „für und wider“ möchte ich an zwei Beispielen aufzeigen:
Heute vor drei Wochen habe ich am Abend in einem kleinen, bitterarmen Dorf in Rumänien eine Messe feiern dürfen. Ich habe mich am Anfang mit allen möglichen Argumenten gewehrt; ich wollte nicht dahin und war in Gedanken schon im Urlaub. Und dann war da dieser Gottesdienst. Wir (Fritz Dirninger und ich) haben das Gloria und Sanctus aus der deutschen Messe von Schubert gesungen. Und die Kinder und Erwachsene haben so was von kräftig mitgesungen, obwohl sie es nicht konnten. Sie hatten Freude, ich hatte Freude. Ich habe selten einen so natürlichen Lobpreis erlebt. Diese Zusage Gottes war zu spüren: „Ich lass euch nicht allein.“
Und dann eine andere Meldung am Montag vor zwei Wochen: Ein Bruder aus Admont hatte sich beurlauben lassen und plötzlich hiess es, er ist auch aus der Kirche ausgetreten. Wenn man wie eine Familie zusammenlebt, macht einen das sprachlos, zornig und traurig.
Ihr merkt es bei euch, ihr merkt es bei mir; das Leben ist nicht nur „Juhu, wir ham´s geschafft!“ und nicht nur „O Nein, warum ich??“.
Ganz (österreichisch-) olympisch könnte man jetzt sagen, dabei sein ist alles. Hauptsache, wir bekommen unser Leben irgendwie gebacken - mit allen Höhen und Tiefen - und dann: „alles wird gut“.
Nein, nix wird gut.
Es gibt alle möglichen theologische Erklärungen, was dieses Feuer nun sein soll. Das Feuer als ein Symbol das das Gute (Metall) vom Schlechten (Schlacke) getrennt wird. Da wären wir dann beim Fegefeuer. Vielleicht ist mit dem Feuer die Heiliggeisttaufe. So ne Art bewusste Entscheidung für Christus als Erwachsener?
Aber letztendlich bleibe ich doch lieber beim guten alten Paulus, der gesagt hat: Zum Schluss bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei. Am größten aber ist die Liebe.
Aber kann denn Liebe weh tun? Natürlich weiß auch ein Mönchlein, dass Liebe weh tun kann. Wenn man sein Herzblut reinsteckt und dann ist alles futsch. Wenn man einem Menschen sein Herz schenkt und der schert sich nicht um dich.
Da sind sie, die brennenden Enttäuschungen der Liebe.
Pfarrhofkapelle St. GallenWas glauben Sie denn, warum Christus Jesus in der lieblichen Herz-Jesu-Verehrung mit einem brennenden Herzen dargestellt wird? Und vielleicht ist diese Herz-Jesu-Verehrung gar nicht so kitschig, wie wir immer meinen, weil sein Herz es ist, das für uns brennt.
Und ist das nicht die mütterliche Seite Gottes, dass er am Abend und bis in die Nacht, ja bis in die Morgenstunde auf uns wartet, dass wir zu IHM zurückkehren. Dass er betrübt ist, weil er in die Menschheit sein ganzes Herzblut reingesteckt hat und wir uns gegenseitig die Köpfe einschlagen. Dass er betrübt ist, weil sein Herz für uns brennt und wir mit unserer Lahmheit und Dummheit immer wieder löschen was das Zeugs hält, weil wir IHM nicht mehr vertrauen.
Wenn wir eine Stelle aus dem Evangelium hören, denken wir immer dran, hier geht es um den Weg des Menschensohnes und um unsern Lebensweg. Beides gehört seit unserer Taufe zusammen.
Ich lade Sie ein jeden Tag unsern HERRN JESUS zu meditieren, ihn zu umarmen, ihn im Heiligen Mahl zu schmecken.
Dabei stellen wir IHN uns vor als die unendliche, treue Zusage Gottes an uns.
Und: „Alles wird gut.“ Nein, nix, wird gut.
Aber wird können dem Gegeißelten unsere Wunden hinhalten. Wir können unsere Dunkelheiten von seinem Licht erhellen lassen.
Aber warum sollte ausgerechnet er sie heilen können, weil er bis an seiner Sehnsucht Rand gegangen ist und dort alles geschehen hat lassen, Schönheit und Schrecken.
Des nicht schlecht, oder? Is ein Rilke Zitat.
Vielleicht ist das wirklich die Art Jesusmeditation, in der wir von IHM Heilung erfahren. Da auch wir dabei mit IHM an den Rand unserer Sehnsucht gehen, es geschehen lassen, Schönheit und Schrecken.
Geben wir dem Wort, das Gott zu Uns gesprochen ruhig wieder eine Chance, löschen das Feuer des Glaubens nicht aus und lassen uns anstecken vom Feuer. Ja, es tut weh, aber es heilt. Amen.

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