Sonntag, 4. November 2018

Predigt zum 31. Sonntag im Jahreskreis - "Nur Du"

Vor vierzig Jahren schon hat ein evangelischer Pfarrer aus Bayern ganz herrlich lustige Bildergeschichten über Kirche, Glaube, Bibel oder Ökumene veröffentlicht. Tiki Küstenmacher sein Name. Den größten Hit lieferte er aber mit seinem Buch „simplify your life“. (= vereinfache dein Leben) 2001 veröffentlicht wurde es zum Bestseller, weil die Leute sich ihres ganzen Kruschs endlich entledigen wollten. Unkompliziert. Auf das wesentliche beschränkt.
Vor 56 Jahren machte sich die katholische Kirche ja auf einen ähnlichen Weg. 1962-1965 tagte in Rom das 2. Vatikanische Konzil. Viele Riten wurden vereinfacht; unzählige Heiligenfeste wurde gestrichen oder zusammengefasst; vieles äußerliche, wo man den Sinn nicht mehr sah, wurde abgeschafft.
Auf das wesentliche - auf Christus Jesus - wollte man sich zentrieren und vieles was in den Jahren sich angehäuft hatte, einfach wegfegen. So eine Art „simplify your church“. Vereinfache deine Kirche. Auf das wesentliche beschränkt.
In meinen knapp 14 Jahren in Admont habe ich es mindestens zweimal erlebt, dass ein Priester, der so viel hatte, diesen ganzen Ballast abgeworfen hat und sich auf das wesentliche beschränkt hat. Monsignore Fötsch
zog aus seinem riesigen Pfarrhof in Pölz in ein einziges Zimmer im Stift. Vor 1 1/2 Jahren zog Abt Bruno aus seiner großen, modernen Prälatur in ein einziges Zimmer. Da gehört schon eine Selbstdisziplin dazu. Auf das wesentliche beschränkt.

Heute im Evangelium versucht Jesus die hebräische Bibel auf das wesentliche zu beschränken. Und raus kommt, das Doppelgebot der Liebe: Den Herrgott lieben und den Nächsten lieben.
Aber kann man Liebe den befehligen?
Nein, man kann Liebe nicht befehlen, wenn - ja wenn - sie nur ein Gefühl ist. Mal heute früh mehr, mal heute Abend weniger. Und morgen bin ich grantig, da liebe ich dann gar nicht…
Wenn wir einen Bibeltext hören, dann werden wir immer mehr an das Wesen Gottes und an das Wesen des Menschen herangeführt.
Der Gott der Bibel ist nicht als Single zu denken. Er hat immer sein Gegenüber - sein Volk.
Verglichen wird das schon im Alten Testament und dann später in der Kirche beim Ehesakrament mit einer Beziehung zwischen Mann und Frau. „Nur Du“, sagt dabei der eine zum andern. Sagt Mann zur Frau, sagt Frau zu Mann, sagt Gott zu Volk, sagt Volk zu Gott. „Nur Du.“
Daran wird deutlich was Liebe ist. ERWÄHLUNG. Gott hat sein Volk erwählt / geliebt und 🔁 umgekehrt, soll auch sein Volk IHN lieben.
Das Gebot der Nächstenliebe hängt eng mit dem Gebot der Gottesliebe zusammen. Denn schließlich ist der Mensch laut Genesis 1 ein Bild Gottes. Wenn ich Gott wirklich liebe, dann kann ich gar nicht anders und muss den andern lieben.
Liebe ist im übrigen erfrischend intolerant. Ich kann mich ja nicht Gott oder einem Partner/ eine Partnerin ganz verschreiben ohne andere hintanstehen zu lassen. „Nur Du.“
Liebe ist Schönheit und Liebe ist Leiden.
Schönheit: Ich sonne mich im Glanz meines Liebsten.
Leiden: Wir lieben den Menschen, der Höhen und Tiefen mit uns teilt. 
Deswegen ist und bleibt der Song von Udo Jürgens „Ich wünsch dir Liebe ohne Leiden“ der größte Schmarren, den er je geschrieben hat. Ja, ich sing und gröle ihn auch gern. Aber deswegen wird es nicht sinnvoller.

Ich weiß nicht, wie ich meinen Krusch im Herzen, in meinen Gedanken und in meinen Kästen und Schubladen los werde…
Ich weiß wohl, dass es den Bischöfen des 2. Vatikanischen Konzils gelungen ist und dass sie sich auf das wesentliche beschränken konnten.
Ich weiß wohl, dass es einem Abt Bruno oder einem Pfarrer Fötsch gelungen ist, sich auf das wesentliche zu beschränken. Vielleicht lag es einfach daran, dass ihnen Gott genügt hat. Oder wie es Charles de Foucault formulierte:
Gott ist heute mit uns. Genügt das nicht?

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