Samstag, 27. April 2019

Fertiges und Unfertiges in der jungen Kirche

Egal, ob ein Gemälde, ein Kirchenbau, ein Haus mit Garten, ein Buch oder ein Kinofilm. Der Mensch will da etwas perfektes schaffen. Etwas, das zu Ende gedacht ist und nicht nach 20 Minuten schon langweilig. Ähnlich ist das Johannes Evangelium komponiert. Nicht ohne Grund nennt man ihn ja „Johannes den Theologen“. Das fängt an mit dem Johannesprolog am Christtag und endet mit der ganz persönlichen Begegnung des Auferstandenen
  • mit der Apostelin der Apostel Maria (Joh 20)
  • mit dem Zweifler Thomas (Joh 20)
  • mit dem Apostelfürst Petrus. (Joh 21)
Ganz anders und manchmal unklar scheint mir da zum Beispiel das Markusevangelium. Da gibt es zum Beispiel am 16. Kapitel eine Erscheinung des Auferstandenen, die wahrscheinlich nachträglich zugefügt wurde. Wenn man diesen zugefügten Teil weg lässt, wäre das Ende des Markusevangeliums ziemlich trostlos. 
Da verließen sie das Grab und flohen; Den Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt. Und sie sagten niemandem etwas davon. Denn sie fürchteten sich. Markus 16,8
Na bravo, so kann man doch nicht eine Frohe Botschaft ändern lassen. 🔚 Das hat sich wahrscheinlich ein frommer Schreiberling gedacht und noch ein paar Verse hinzugefügt.
Kirche ist nichts fertiges. Das wird auch gerade in der Apostelgeschichte deutlich. Es gab damals keine Kirchengebäude aus Holz geschweige denn aus Stein. So versammelten sie sich in der Halle des Salomon - irgendeine äußere Säulenhalle unter ferner liefen. 
Auf der einen Seite erlebt die junge Kirche einen starken Zuspruch: Scharen von Männer und Frauen wurden zum Glauben geführt. Von außerhalb kamen viele Leute, um sich heilen zu lassen.
Auf der anderen Seite erlebt die junge Kirche eine starke Ablehnung. „Die übrigen wagten sich nicht, sich anzuschließen.“ noch im selben Kapitel ist von der Gefangennahme und der Freilassung der Apostel die Rede. Zwei Kapitel später (K7) erfährt man von der Steinigung des Stephanus. 
Kirche wird nie allein von der Auferstehung her gedacht, sondern es bedarf des Heiligen Geistes; deshalb feiern wir ja das Pfingstfest in sechs Wochen als Geburtstag der Kirche. 
Der Heilige Geist ist die Kraft in uns zu vergeben und Vergebung anzunehmen. Der Heilige Geist schafft eine heilige Woche. Es ist ja schon im heutigen Evangelium dieser besondere Wochen Rhythmus zu erkennen. Die Jünger trafen sich am Sonntag abend. Und dann eine Woche darauf kommt Jesus wieder in die Mitte der Jünger, jetzt ist auch Thomas dabei. Dies ist unser Auftrag: vergöttlichen wir den Sonntag und mit ihm die ganze Woche.

Texte des 2. Sonntags der Osterzeit
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Donnerstag, 18. April 2019

Schule des Gebets

Benediktinerstift Admont im Frühling 2019
Das Bild des brennenden Dachstuhls der Kathedrale Notre Dame in Paris hat sich in unser Gedächtnis eingeprägt. Sehr bewegt haben mich in der Nacht des Unglücks die Gesänge von einigen Parisern, die sich spontan zum Gesang und zum Gebet in einigem Abstand zur Kathedrale versammelt haben. Wie kommt dieses Lied und dieses Wort in einer Notlage auf deren Lippen? 
Wenn ich in Zeiten, wo es mir gut geht keine Lieder und Gebete habe, wie soll ich dann in Zeiten der Furcht und des Schreckens die richtige Melodie und die richtigen Worte finden?
Deshalb ist die Schule des Gebets so wichtig.
Am Sonntag habe ich eine Taufe in Frauenberg. Beim Taufgespräch hat mir der Vater von seinen Gebeten erzählt: Wie er mit seiner Tochter betet oder wie er den Rosenkranz betet. Ich kann mir vorstellen, dass einige Menschen in seiner Umgebung ihn belächeln und manchmal nicht für voll nehmen. Aber für den Vater ist Gebet eben keine Laune und kein überkommener Brauch sondern stete Gewohnheit. 
Jesus nimmt uns auf in die Schule des Gebets. 
Da sind zum Beispiel am Ostertag die enttäuschten Emmausjünger, deren Hoffnung vom stillen Begleiter (ja, es ist der Herr!) geweckt wird und die ihn schließlich drängen: „Bleibe bei uns; denn es wird Abend, der Tag hat sich schon geneigt!“ Auf den ersten Blick ist dies eine Geste der Gastfreundschaft, doch auf den zweiten Blick ist es ein inniges Gebet: „Gott, lass uns nicht allein in unserm Leben, wenn es dunkel wird.“
Da ist der Apostelfürst Petrus, der mit seiner Treue zu Gott prahlt wie ein Blinder mit einem Glasauge. Als es drauf ankam, war er so klein mit Hut und hat seinen Herrn Jesus dreimal verleugnet. Am See Genezareth fragt ihn Jesus dreimal „Liebst du mich?“ Nach dem dritten Mal sagt Petrus traurig: „Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich liebe.“ Er spürt sein eigenes Versagen und im selben Moment die vergebende Liebe Gottes. 
Da ist der ungläubige Apostel Thomas, der nicht dabei war, als der auferstandene Herr Jesus die versammelte Jüngerschar trifft; aber acht Tage drauf staunt er und bekennt ohne langes Geschnatter: „Mein Herr und mein Gott.“ Ein kurzes, starkes Gebet, das meinem Leben Richtung gibt. 
Lernen wir wieder beten und warten nicht auf die Momente des Schreckens. Es mag ja in der Industrie möglich sein, manche Bereiche outzusourcen. Aber beim Gebet ist das nicht möglich. Ich kann das Gebet für die Klein- oder Großwetterlage nicht einfach an Papst, Priester oder die Pastoralassistentin delegieren. Beten wir in Freude und Dankbarkeit füreinander und miteinander, damit wir in Zeiten der Not nicht mut- und wortlos daneben stehen.