Mittwoch, 4. Dezember 2019

Requiem im Advent für eine warmherzige Gastwirtin

Die heutigen beiden Lesungen von Mittwoch der ersten Woche im Advent beschreiben jeweils ein Mahl. In der Jesajalesung wird das Festmahl der Völker beschrieben und im Matthäusevangelium ein Speisungswunder. Passend sind diese Texte für eine Gastwirtin, aber noch viel mehr für eine Altenmarkterin, die gerne gelebt hat. Da ist ja von besten und feinsten Speisen die Rede und von erlesenen Weinen. Es kommt also auf die Qualität des Lebens an.
Liebe N, liebe Familie N, liebe Trauergemeinde.
Wie schaut der Himmel aus? Oder besser: wie schaut es nach dem Tod aus?
Das fragen wir uns ziemlich selten. Aber ich finde gerade endzeitliche Vision des Propheten Jesaja so interessant. Drei Aspekte bringt er auf das Tablett. 1. es ist ein üppiges Festmahl. 2. alle Völker haben daran teil. 3. der Tod wird vernichtet.
Dass eine Wirtin den Gast bedient, ist eine Sache. Aber dass man sich auch wirklich willkommen fühlt, eine ganz andere. N war eine warmherzige Frau. Sie war nicht aufdringlich. Sie war nicht unkritisch. Gerade ich als Priester habe sie immer geschätzt, weil sie immer ein gutes, fröhliches Wort für mich übrig hatte.
Möge sie nun in Freude teilhaben am himmlischen Gastmahl. 
Möge ihr Heiland und Arzt sie von allen seelischen und körperlichen Leiden heilen.
Möget ihr als Familie die zarte Pflanze der Hoffnung in euch hegen und pflegen.

Der heutige Barbaratag erzählt ja von der Hoffnung. Werden doch an diesem Tag Äste vom Kirschbaum geschnitten, die dann in der heiligen Nacht blühen. Das ist eine schöne, kleine Hoffnung. Eine Hoffnung die uns ein bisschen erzählt, dass uns ein Leben nach dem Tod verheißen ist. Eine Hoffnung, die nicht dröhnend daherstampft, sondern uns liebevoll und still trägt.

Samstag, 14. September 2019

Nation des Kreuzes.

Liebe Nation des Kreuzes.
Als vor vier Jahren ein libyscher Ableger des Islamischen Gottesstaates 21 Kopten enthauptet hatte, wählten die Mörder den Titel „Eine in Blut geschriebene Nachricht an die Nation des Kreuzes“ um das entsprechende Video zu verbreiten. 
Im Gegensatz zu vielen Christen in Europa, wissen sowohl die Christen im Nahen Osten als auch ihre Verfolger, dass wir Christen zutiefst mit dem Kreuz verbunden sind. 
Und ich gebe zu, dass ist kein einfacher Gedanke, den man als Mensch des 21. Jahrhunderts so mal eben für sich annehmen kann. Mir kommt vor, dass viele Christen, oder die, die sich so nennen, sich befreien wollen von jedem traurigen Gedanken und somit auch vom Kreuz. 
Die Darstellungen des Kreuzes sind so verschieden und entsprechen damit unserer bunten Gesellschaft. Herrliche goldene und mit Edelstein besetzte Kreuze als Halsschmuck, einfache, moderne Holzkreuze, überlebensgroße Darstellungen der Kreuzigung Jesu, geschriebene Ikonen… 
Irgendwann vor ein oder zwei Jahren, habe ich für mich beschlossen, dass das Kreuz Mittelpunkt einer jeden Kirche ist und ich zuerst das Kreuz suche, wenn ich in eine Kirche komme. 
Ich denke heute auch an unseren designierten Mesner Oxy, der vor zwei Jahren verstorben ist, wie er nach jedem Gottesdienst hier in der Kirche vorm Kreuz im Mittelgang kniete und so innig mit unserm Jesus im Leiden vereint war. 
Er hat sich nicht geschämt vor allen Leuten da einfach sich hinzuknien. Wie oft schämen wir uns für unseren Glauben und vermeiden deshalb diese innigen Gesten?
Wenn ich das Kreuz berühre, umarme, es küsse, es anbete, dann weil Jesus seinen Weg ganz gegangen ist, weil er uns am Kreuz mit hineinnimmt in die Liebe zwischen ihm und seinem Vater, weil er unsere Dunkelheit erlebt hat. Am Kreuz hat Jesus für uns zu seinem Vater gebetet. Dieses priesterliche Gebet fleht der Sohn sterbend und ohne Schuld zu seinem himmlischen Vater. Und wenn er nicht im Grab liegen geblieben ist, bleiben auch wir nicht liegen, sondern werden MIT IHM auferstehen/ wird unsere Dunkelheit wieder hell. 
Mir fällt auf, dass viele moderne Kreuzesdarstellungen nichts mehr vom Leid erzählen; sie sind oft ohne Korpus,  manchmal bunt gestaltet oder der Korpus ist schon als Auferstandener verklärt. Kann man machen, ist aber langfristig und vom Glaubensweg her nicht sinnvoll. 
Das Kreuz ist nicht kommentarlos auf den harten Boden von Golgotha gestellt worden, sondern bedarf einer Einbettung in die Geschichte Israels und in die Geschichte Jesu und seiner Jünger. 
Das Schandmahl ist nicht annehmbar für den Menschen im ersten Jahrhundert. Es stellt die maximale Ächtung da, die man einem Menschen zu Teil werden lassen konnte. Und dieses „Warum, Gott?“, „warum, Herr Jesus?“ zieht sich durch die Bibel vom Propheten Jesaja über Nikodemus zu Petrus und der frühen Kirche. Es war auch für die Leute damals nicht leicht annehmbar. 
Es gibt Leiden, von denen man die Menschen nicht heilen sollte, weil sie der einzige Schutz gegen weit ernstere sind. (Marcel Proust)
Ich will sie um Gottes willen nicht einladen, dass Leiden zu suchen oder darin in Lethargie zu verharren. 
Liebe Nation des Kreuzes. Ich will sie einladen, dass Kreuz zu umarmen, es anzunehmen und sich mit dem Gekreuzigten zu vereinen. 
Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt,
dass er seinen einzigen Sohn hingab,
damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht,
sondern ewiges Leben hat. Joh 3,16
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Sonntag, 1. September 2019

Sonntagspredigt - der harmonische Gesang der Engel und der Gemeinde

Unser Glaube handelt vom neuen Morgen. Von dem was nach dem leiblichen Tode kommt. Von der Wiederkunft Christi, dem letzten Gericht und die Erfüllung bei Gott im ewigen Hochzeitsmahl.
Unser Glaube handelt aber auch vom heute. Nicht nur, was muss ich tun um heute in den Himmel zu kommen, sondern vielmehr, wie soll ich leben, damit ich Gott wohlgefällig bin, wie kann ich aktiv am Reich Gotte mitarbeiten. Heute.
Aber einen Zeitpunkt habe ich ausgelassen und den finde ich eigentlich auch total interessant: Was war gestern? Wie ist die Schöpfung entstanden? Was war vor der Schöpfung? Wie waren die Menschen, bevor sie von Christus erfahren durften? Wo war ich, bevor mich meine Eltern gezeugt haben? 
Ich finde, dass sind total spannende Fragen. Was die Schöpfung und uns besonders auch uns Menschen betrifft, bekommen wir ja viele Antworten von der Hirnforschung und von den Wissenschaftern. 
Aber die tiefe Sehnsucht des Menschen nach Barmherzigkeit, nach Schönheit, nach Liebe, die ergründen Charles Darwin und Stephen Hawking nicht für mich. Ich möchte einen dritten Engländer zu Rate ziehen. Ja auf den ersten Blick ein Märchenerzähler. Den Professor für Englische Sprache in Oxford und Autor des Buchs Herr der Ringe John Ronald Reuel Tolkien. Bekannt für die dicken Schinken „Herr der Ringe“ und „Der Hobbit“. 
Er hat die germanische Mythologie und den christlichen Glauben verwoben und neue Mythen geschrieben.
Anhand von Mythen hat ja der Mensch seit tausend Jahren  versucht, sich die Welt begreifbarer zu machen. Es ging um Naturereignisse, die er so erklärte (denken wir nur an Zeus, der die Blitze auf die Erde wirft). Der Mensch hat aber auch sein Wesen tiefer ergründen wollen. Hören wir nun einen Mythus vom guten alten Tolkien über die Erschaffung der Himmelswesen: 
Eru war das, der in Arda Ilúvatar heißt, und er schuf erstens die Ainur, die heiligen Sprösslinge seiner Gedanken, und sie waren bei ihm, bevor irgendetwas anderes erschaffen war. Und er sprach zu ihnen, sie Melodien lehrend, und sie sangen vor ihm und er war froh. Lange aber sangen sie nur jeder für sich allein oder zu wenigen, während die anderen lauschten, denn ein jeder verstand von Ilúvatars Gedanken nur jenen, aus dem er stammte, und langsam lernten sie auch, ihre Brüder zu verstehen. Doch indem sie hörten, verstanden sie besser, und es wuchsen Einklang und Harmonie…
Und Ilúvatar sagte zu ihnen: „Aus dem Thema, das ich euch angewiesen habe, machet nun in Harmonie gemeinsam große Musik.“
Da begannen die Stimmen der Ainur zu erschallen wie Harfen und Lauten, Flöten und Posaunen, Geigen und Orgeln, und sie machten aus Ilúvatars Thema große Musik; und ein Klang stieg auf endlos ineinander spielenden Melodien, harmonisch verwoben, und verlor sich in den Höhen und Tiefen jenseits allen Gehörs, und die Räume, wo Ilúvatar wohnt, quollen über, und die Musik und das Echo hallten hinaus in die Leere, und sie war nicht mehr leer. *
Individuum - ich vor Gott - meine eigene Melodie
Gemeinsamer Gesang - gemeinsame Musik - nur möglich, wenn ich anderen höre, mit ihm harmoniere - das große Thema im gemeinsamen Chor.

Manche unmusikalische Menschen finden es langweilig, wenn im Himmel nur gesungen wird. Aber hier geht es um gegenseitiges Zuhören, um Harmonie und um tiefen Sinn und Verstehen. Oder wie der Autor des Hebräerbriefs uns heute schreibt: „Ihr seid vielmehr zum Berg Zion hinzugetreten, zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, zu Tausenden von Engeln, zu einer festlichen Versammlung und zur Gemeinschaft der Erstgeborenen.. zum Mittler des neuen Bundes Jesus.“

Unzählige male vergleicht Jesus das Himmelreich mit einer Hochzeit. Einem Fest, wo man unbändige Freude verspürt, wo man das Wissen hat, ich gehöre zur Familie, wo aufgehoben ist. 

Und auch im Himmel darf es uns nicht darum gehen, den vordersten Platz zu erhaschen; den Fehler haben ja auch die beiden Apostel Jakobus und Johannes gemacht. Nein, so können wir nicht die Würde unserer Gotteskindschaft entfalten. Achten wir und lauschen wir vielmehr aufeinander und hören wir im anderen die Melodie, die Gott einem jedem von uns mitgegeben hat. 

*  J.R.R. Tolkien, The Silmarillion, 2001, 15-15. Tolkiens fiktionale Stelle beruht auf der biblischen Lehre in Hiob 38, Johannes 1 und Offb.. Dt. Übersetzung aus: Das Silmarillion, Stuttgart 2002, 13. 

Sonntag, 11. August 2019

heilige Klara - eine starke und zarte Frau

So viel hätten wir uns vorgenommen. Natürlich ist man nach zwei Jahren als Seelsorger hier im Pfarrverband auch ein wenig enttäuscht und sagt sich, man hätte doch so viel tun können. (ach lasst mich mal in Wehmut baden) 
Es gibt ja in der heiligen Kirche (oder außerhalb von ihr) immer wieder so kleine Revolten, wo man Kirche verändern will (oder vom Sockel stoßen will). Zölibat, Frauenpriestertum, Verheiratung von Schwulen, die Möglichkeit mehrmals zu heiraten. Und nein, auch da hat sich die Kirche in den letzen zwei Jahren nicht geändert. 
Wohltuend, interessant und heilsam ist in diesem Zusammenhang immer ein Blick zurück auf die Geschichte, wo Frauen durchaus Macht hatten: 
Die Äbtissinnen von Las Huelgas in Kastilien war die Grundherrin über über 60 Herrschaften und Ortschaften, ließ Kandidaten zur Priesterweihe zu, bestellte Pfarrer und erteilte die Beicht- und Predigtvollmacht. Wenn man mal vom Predigtdienst und vom Vorstehen bei der Messe absieht, hatte so eine Prälatin die gleichen Befugnisse, wie etwa ein Abt von Admont. So was hat’s gegeben. 
Katharina von Siena und Birgitta von Schweden übten Druck auf den Papst aus, so dass dieser wieder von Avignon nach Rom zurückkehrt. 
Zu nennen wäre natürlich auch noch Hildegard von Bingen, die in Korrespondenz mit allen anderen Größen ihrer Zeit stand.
Alles interessanterweise Frauen des ach so düsteren Mittelalters. Und eine weitere Frau möchte ich heute an ihrem Festtag erwähnen: Klara von Assisi, die sich Anfang des 13. Jh. mit 19 Jahren der Armutsbewegung des heiligen Franziskus anschloss. Ihre Statue steht in der Südwestlichen Kapelle und sie wird immer mit einer Monstranz dargestellt. 
Mit gerade mal 31 Jahren war sie ganz ans Bett gefesselt. Aber deshalb hat ihr Wirken nicht aufgehört. So wird zum Beispiel berichtet, dass Soldaten des exkommunizierten Kaiser Friedrich II. in der Assisi plündern wollten. Sie hat ihr Krankenbett kurz verlassen, ließ sich vor die Pforte ihres Klosters tragen und hielt den Räubern die Monstranz entgegen. Die waren so erschreckt, dass sie von dannen zogen. 
Ihr ganzes Leben kämpfte Klara um ihre eigene Ordensregel. Zwei Tage vor ihrem Tod wurde die Regel des Klarissenordens von Papst Innozenz IV. bestätigt. 
Warum hat das so lang gedauert? Wahrscheinlich weil die Päpste es doch nur gut mit ihr meinten und den jungen Orden mit ein paar Privilegien ausstatten wollten. Doch Klara wollte das Privileg, keine Privilegien zu haben. 
Darin liegt das Geheimnis dieser starken, zarten Frau. 
Ich würde hier vorne nicht stehen, wenn ich nicht von so vielen starken, zarten Frauen umgeben wäre. Zuerst natürlich die Mutter der Gnade, die mich im Rosenkranzgebet immer wieder an die Hand nimmt und mit mir das Leben ihres Sohnes Jesus Christus betrachtet. 
Aber dann natürlich auch Rosalia, Katharina, Barbara und Cäcilia, die überlebensgroß hier in der Kirche einen Kreis bilden und mich immer wieder zum Kreuz Jesu führen und mich anleiten wollen, das Kreuz zärtlich zu umarmen. 
Ihre Hüften sind gegürtet und ihre Lampen brennen! Sie sind Menschen, die auf ihren Herrn warten, der von einer Hochzeit zurückkehrt, damit sie ihm sogleich öffnen, wenn er kommt und anklopft!
Ich denke natürlich auch an die Frauen, die mit so viel Engagement das Friedensgebet in Irdning oder die Anbetung in Liezen organisieren. An unsere Mesnerinnen und Pfarrgemeinderäte, ohne die unsere Pfarren längst einpacken könnten. An die Sängerinnen, die im Duett oder im Chor ihre Liebe zum Herrn besingen. An die von Frauen gehaltenen Betstunden. 
Und natürlich ist unsere Kirche eine Kirche von Frauen. Und warum sollte man ihnen nicht mehr Privilegien geben?
Trotzdem ist für mich die Äbtissin von Burgos (Las Huelgas in Kastilien) kein Beispiel, wie Kirche im 21. Jh. gestaltet werden soll. Katharina, Brigitta, Hildegard und natürlich Klara, das sind die starken, sanften Frauen, die uns Männern der Kirche den Spiegel vorhalten und uns alle geistlich weiterbringen. 

Stelle Deinen Geist vor den Spiegel der Ewigkeit, stelle Deine Seele in den Glanz der Glorie, stelle Dein Herz vor das Bild der göttlichen Wesenheit und forme Dich selbst durch die Beschauung gänzlich um in das Abbild seiner Gottheit. (Aus dem Dritten Brief der heiligen Klara an die heilige Agnes von Prag)

Haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.

Samstag, 10. August 2019

das Gebet von Sara und Tobias - Predigt zur Hochzeit

Hochzeitspredigt zum Gebet von Sara und Tobias (Tob 8, 4-8)
Liebe N., lieber N.
Ich muss zugeben, das ist eine etwas gewagte Lesung. Sie stammt aus dem kleinen alttestamentlichen Buch Tobit, dass vom jungen Tobias erzählt, der mit seinem Hündchen und dem Erzengel Raphael auf eine gefährliche Reise geschickt wird und dort schließlich auch seine Frau Sara kennen- und lieben lernt. 
Die Umstände für die beiden scheinen alles andere als günstig, deshalb endet die Lesung heute auch so schiach: 
Raguël (es handelt sich um den Vater der Braut) stand auf und rief die Knechte zu sich und sie gingen und hoben ein Grab aus. Tob 8,8
Er „weiß“, dass die Geschichte schlecht enden muss. Vielleicht steht Raguël für all die Dumpfbacken auf der Welt, die eh wissen, dass es schief gehen muss, dass darauf ja kein Segen liegen kann. Natürlich kann man sich trotzig erheben und ein „jetzt erst recht“ sprechen. Aber das geschieht in unserer Erzählung nicht egoistisch und kämpferisch, sondern zärtlich und innig. Kurz bevor sich die beiden miteinander ins Bett legen raffen sie sich auf zum Gebet. So typisch für ein biblisches bzw. christliches Gebet ist, dass man Gott an seine Heilstaten erinnert. So nach dem Motto: Gott, Du hast doch diese wunderbare Welt gemacht und alle Geschöpfe inklusive uns heute, sollen, ja wollen, Dich preisen & Dir danken… Gott, Du hast doch den Menschen als Mann und Frau erschaffen.. Gott, Du siehst doch selber keinen Sinn darin, dass der Mensch allein bleibt…
Und jetzt kommt etwas total Interessantes: Sara und Tobias beten nicht, dass Gott ihnen verzeiht / sich ihrer erbarmt, sondern sie sie beten: 
Befiehl, dass wir beide Erbarmen finden. Tob 8,7b
Sie vertrauen, darauf, dass sie beide bei Gott sind und dass ER ihnen längst verziehen hat. Dass sie mit Gott im Licht sind. Aber sie merken, wie schwoarz und dunkel manchmal die Umgebung sein kann und sie beten, dass sie in der Welt, in ihrer Umgebung bei den anderen Menschen Erbarmen erfahren. 
Liebe Sara, lieber Tobias, eh nein, 
liebe N, lieber N. 
Ich wünsche Euch, dass Ihr Euch geborgen wisst: In Eurer Familie, bei Euren Freunden und beim menschenfreundlichen Gott. 
Dass alles glatt geht, das wünsche ich Euch nicht; 
aber dass Ihr mit viel Kraft und Kreativität die Gefahren und Ausweglosigkeiten meistert, das wünsche ich Euch. Mit Gottes und Eurer Freunde Hilfe. Amen. 

Sonntag, 4. August 2019

ein Gnadenjahr des Herrn - Sonntagspredigt

Ich find´s immer so lustig, wenn man denkt bestimmte soziologische Gegebenheiten oder Schwierigkeiten gäbe es erst heute. ZB die Patschworkfamilie. (oder heisst es „paatschworkfamily“?) Was war denn die Heilige Familie anders, wo der Josef eben nicht der leibliche Vater war und Maria und das Kind als liebender Ehemann und Vater angenommen hat? Die halbe Unterlaussa bestand vor 100 Jahren aus Patschworkfamilien. Und jetzt wollen sie uns beibringen, das wäre etwas neues. 
Oder ich denke an Erbstreitigkeiten. An Familienstreit und Neid, die oft nach einem Erbe entstehen. So rischdisch bös Blut. Gerade Bauern sind da oft betroffen. 
Und gegeben hat’s das schon vor 2000 Jahren, wie wir heute im Evangelium gehört haben. Da ist es doch selbstverständlich, dass man zum Rabbi geht und sagt, er solle das klären. Die Familie droht zu zerreißen und Jesus will sich da nicht einmischen?! Er ist offenbar nicht zuständig. „Mensch, wer hat mich zum Richter oder Erbteiler bei euch eingesetzt?“ 
Das klingt so ähnlich wie Papst Franziskus, der in einer Pressekonferenz in seinem Raumschiff, nein natürlich in der Alitalia -Maschine zwischen Brasilien und Rom 2013 diesen Halbsatz gesagt hat: „(…) wer bin ich, um ihn zu verurteilen?“ (Quelle)
Man erwartet manchmal vergebens von einer Autorität eine Aussage, einen Freispruch, eine klare Ansage.
Aber vielleicht will unser Herr Jesus mit seiner Zurückweisung und mit dieser Geschichte einfach nur auf des Pudels Kern hindeuten: Was bringt das beste Urteil, wenn ich zutiefst unzufrieden in meinem Herzen bin? Was bringt es, wenn ich mehr bekomme und dann immer noch mehr will? 
Der Bauer aus dem Gleichnis hat die Sache nicht verstanden und hat das Größtmögliche für sich aus dem Ackerboden herausgeholt. „So sehen Sieger aus!“, würden die Kinder dieser Welt singen. 
(1) Ein vernünftiger Bauer weiß, dass er seinen Boden auch schonen muss. (2) Ein vernünftiger Unternehmer weiß, dass er seinen Arbeitern Freizeit gönnt usw.
Im 2. Buch Mose (Exodus) gibt es eine Beschränkung, damit der Mensch „nicht das Letzte (…)  – aus den Ressourcen der Erde aus dem Kapital, aus der Arbeitskraft der Anderen (und aus der eigenen auch) herauszuholt.“
Es geht dabei um keine Vierjahresfolge wie beim Schaltjahr oder bei der Olympiade oder um eine Dekade, sondern um sechs Jahre Arbeit und dann ein Sabbatjahr. Wir kennen das ja von der Wocheneinteilung (sechs Arbeitstage und einen Tag der Ruhe). In diesem Sabbatjahr soll das Feld brach liegen. Und dann kannte das 2. Buch Mose auch noch ein Jubeljahr nach sechs Sabbatjahren - also alle 50 Jahre - sollte nicht nur das Feld nicht bestellt werden, sondern auch die Arbeitnehmer in die Freiheit entlassen und die Schulden erlassen werden. 
Man kann sich ungefähr vorstellen, wie die fleißigen Römer über diese Sitte der Israeliten dachten: „Solche faulen Säcke.“
Aber wie hat eigentlich Jesus darüber gedacht? Bei der Wochenruhe fallen uns die Episoden ein, wo ER am Sabbat geheilt hat, wo Seine hungrigen Schüler Ähren abrissen und wo ER gesagt hat: „Der Sabbat ist für den Menschen da und nicht der Mensch für den Sabbat.“ 
Aber was ist mit dem Sabbatjahr und dem Jubeljahr? 
Ganz zu Beginn des öffentlichen Wirkens Jesu findet das Erwähnung: „Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.“ Lk 4,18
Vielleicht ist dieses Jubeljahr schon in Vergessenheit geraten. Jesus erneuert es. 
Jesus erneuert es durch uns. Denn wir sind Gesalbte, wir sind Christen und sollen (wie es uns Paulus heute schreibt) Unzucht, Unreinheit, Leidenschaft, böse Begierde, Lüge und die Habsucht in uns töten. Das ist wahrlich ein Gnadenjahr des HERRN. Das ist wahrlich neue Schöpfung. 


Samstag, 27. Juli 2019

Requiem für einen Maurer

Lesungen: 1 Kor 3, 10-15 und Lk 6,17.20.47-49.

Liebe Trauerfamilie, liebe Schwestern und Brüder.
In einer wichtigen Sache unterscheiden ich mich vom verstorbenen NN und von Jesus, dem Sohn des Zimmermanns: Im Gegensatz zu mir waren beide fähig ein Haus zu bauen. 😉
In beiden Lesungen wird heute das Leben oder das Werk eines Menschen mit dem Hausbau verglichen. Klar wird hier, dass sowohl Paulus als auch Jesus gelernte Handwerker waren. Klar hier wird hier, dass Hausbau oder Lebenswerk nicht husch husch gehen, sondern man ein Fundament haben muss und den Mörtel entsprechend mischen muss, damit er hält. 
Geduld und Liebe sind sicher zwei Dinge, die Euren lieben Verstorbenen auszeichnen. Geduld und Liebe braucht man als Maurer, aber die beiden sind auch unerlässlich, wenn man wieder aufeinander zugehen will und sich die Hände reichen will. 
In Geduld und Liebe hat er auch die letzten Monate auf sein Leben zurückgeblickt. Vielleicht seid ihr jetzt in Gedanken mit ihm; aber ebenso hat er auch euch in seinem Herzen mitgenommen. Denn die Liebe hört niemals auf. 
Geduld und Liebe sind zwei Eigenschaften, die sicher auch aus der Hoffnung gespeist werden. 
Eine Hoffnung wider aller Hoffnungslosigkeit. 
Gerade in seiner Krankheit hat er N gezeigt, wie viel Hoffnung in ihm steckt und dadurch hat er nicht nur sich, sondern auch seinem Umfeld Kraft gegeben. 
Und sicher war es zum Schluss auch die Hoffnung auf eine
Wohnung im Himmel. Ich kann mir zwar vorstellen, dass er auch dort noch die ein oder andere Wand aufstellen wird und sein himmlisches Haus entsprechend gestalten wird. 😀 Aber viel wichtiger scheint mir, dass er dort mit offenen Armen von unserm himmlischen Vater geduldig und liebend empfangen wird. Amen. 

Freitag, 19. Juli 2019

Requiem - Predigt zum Evangelium "Marta und Maria"

Für viele ist der Tod etwas endgültiges. So wie Leben auf wunderbare Weise entsteht und wir dabei auch bewundernd diese sagenhafte Werden anschauen, so hat auch alles Lebende gleich den Tod in seiner DNA mitbekommen - im Rucksack tragen wir den Tod seit der der Geburt mit uns mit. 
Und ich stimme ja durchaus, was die Endgültigkeit betrifft, überein, wenn ich mir bewusst werde, dass es hier in diesem Leben mit der Verstorbenen kein Wiedersehen geben wird. 
Als manchmal zweifelnder, aber dennoch gläubiger Christ glaube ich an das Gute und dass Gott nicht nur alles Gute in sich vereint, sondern es auch gut meint mit seiner Schöpfung. ER will seine Schöpfung retten und damit ganz eng an seine Brust ziehen. Dieses göttliche Angenommen-Sein nennen wir Taufgnade: „N, Du bist meine geliebte Tochter“ sprach unser Herrgott in der Taufe vor über 80 Jahren zu Dir.  „N, Du bist meine geliebte Tochter“, so spricht unser Herrgott auch heute nach Deinem leiblichen Tod zu Dir. Deutlich wird das zB auch in der Taufe, wo der Mensch mit einem Taufkleid ein neues Gewand anzieht. Bekleidet mit den Gewändern des Heils. 
Es ist vor allem auch ein Gewand der Freude. „Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?“
Dieses Angenommensein hat Eure liebe Verstorbene Mutter, Schwiegermutter und Großmutter durch ihren Herrgott wahrgenommen. Sie hat es aber in ihrem ganzen Leben gelebt und erlebt durch das gegenseitige Annehmen: In ihren Eltern, in ihren Kindern, in ihrer Schwiegermutter, in ihren Enkeln und Urenkeln. 
Voll Dankbarkeit kann man also am heutigen Tag sagen, dass ihr Leben ein großartiges Lied war und ist, dass vom Angenommen-Sein erzählt. 

Wir haben gerade auch das Evangelium vom kommenden Sonntag gehört. Da ist von zwei Seiten unseres Menschseins die Rede: Die aktive und die passive Seite. 
In unserm Gespräch am Dienstag und in den niedergeschriebenen Erinnerungen haben Sie, liebe Trauerfamilie, ja beschrieben, was Sie alles gemeinsam unternommen haben. Wie sich N selbst zurückgenommen hat, um anderen zu helfen und zur Seite zu stehen. Die Sorge der Marta ist wichtig.
Aber viel entscheidender und deshalb auch in der Trauer das Herz viel mehr belastend, ist einfach nur im Dasein oder jetzt eben Nicht-Mehr-Dasein grundgelegt. Dieses Gefühl beim andern, man ist willkommen, dieses gute Gefühl im Herzen, sie ist da oder jetzt eben, sie ist nicht mehr da. 
Liebe Trauerfamilien x und y. 
Liebe Trauergemeinde.
Im Tod wird vielleicht nochmal besonders deutlich, dass ich einen Menschen, den ich liebe, dass ich ihn habe, aber niemals besitze. 
Ich sehe den Rückblick auf das Leben Eurer lieben verstorbenen Mutter, Schwiegermutter und Großmutter auch als Erinnerung für uns, dass wir füreinander da sind. 
Als Christ glaube ich, dass N jetzt ganz bei Gott ist und auch wieder mit ihrem Mann vereint beim himmlischen Hochzeitsmahl. 
Dieses „Bei-Gott-Zu-Gast-Sein bzw. „Bei-Gott-Sein“, dass ist es auch, was wir in der Heiligen Messe feiern und deshalb fühlen wir uns gerade beim gemeinsamen Brechen des Brotes, bei der Eucharistie, mit unserer lieben Verstorbenen besonders verbunden. 

Lesungen: 1 Kor 15,54-58; Lk 10,38–42,

Sonntag, 14. Juli 2019

Nächstenliebe und Gottesliebe

Vorletzte Woche bin ich mit einer Gruppe russischer Christen über unser Stiftsgelände gegangen. Und da kamen wir auch am Stiftsgymnasium vorbei. Da fragte eine Russin, was den diese Schule von anderen Schulen unterscheiden würde. 
Wir hatten was ein Glück einen ehemaligen Direktor einer Wiener Caritas-Schule dabei, der sogleich erklärte, wie sich eine kirchliche Schule finanziert; da werden zB die Lehrerinnen und Lehrer vom Staat bezahlt. Die Baulast hat der kirchliche Träger, kann aber in besonderen Fällen um Zuschüsse bitten. 
Ich war natürlich heilfroh, dass ich jemanden dabei hatte, der die Frage so kompetent beantworten konnte. 
Ich war natürlich heilfroh, dass man so dem eigentlichen Thema entfliehen konnte. Denn ich kann mir vorstellen, dass diese russische Dame etwas vom gelebten christlichen Glauben, vom Miteinander an der Schule, von den gemeinsamen Gottesdiensten hören wollte. 
Irgendwann vor zehn Jahren hatte sich unsere Schule mal ein Leitbild gegeben. Es war der evangelische Pfarrer Mag. Dr. Gernot Hochhauser, der bei der 375-Jahr-Feier des Stiftsgymnasiums daran erinnerte: LEBEN LERNEN, GOTT SUCHEN, RESPEKT UND VERTRAUEN, ACHTSAMKEIT, GEMEINSCHAFT.
Ich glaube mich zu erinnern, dass ich damals im Vorfeld dieser Formulierung des Leitbilds kritisiert habe, dass statt „Nächstenliebe“ das Wort „Respekt“ benutzt wird. Man hat vielleicht deswegen, damals geschrieben „RESPEKT UND VERTRAUEN“ - keine Ahnung. Weil Respekt klingt für mich nach „Recht einfordern“, nach Respektsperson, Respekt vor dem Alter… Aber dafür brauche ich keine christliche Schule und keinen christlichen Glauben. Schade, dass dieser Begriff Nächstenliebe aus dem heutigen Evangelium selbst nicht mehr von Christen gebraucht wird. Könnte ja was typisch Christliches sein. Statt dessen heisst es also „Respekt und Vertrauen“.  Auch gut. 

Für was brauche ich überhaupt einen christlichen Glauben? Man kann auch so ein guter Mensch sein. 
Wenn man das heutige Evangelium flüchtig überfliegt, dann ist es vielleicht einfach nur eine Anweisung gut am Nächsten zu handeln. Und der Nächste ist nicht mein Glaubensbruder und nicht mein Landsmann, sondern der Fremde. Punkt. 
Genau deshalb lese ich ja den ganzen Text vor und nicht nur ein Happerl. Die Anfangsfrage des Schriftgelehrten war die nach dem Ewigen Leben. Ein Mensch hat kein ewiges Leben aus sich heraus. Wir sind die gefallene Menschheit, wir sind Sünderinnen und Sünder und wir müssen alle sterben. 
Wenn hier vom ewigem Leben die Rede ist, dann ist hier von Gott die Rede. Deshalb empfehle ich statt „ewig“ „göttlich“ zu lesen. 
Was muss ich tun, um göttliches Leben zu erben? Was muss ich tun, um ganz nah bei Gott zu sein? Was muss ich tun, um göttliches, ewiges Leben zu erben?
Dass heisst im Evangelium entspringt das Gute Handeln dem festen Willen zu Gott zu gehören. Das ist unser Antrieb. 
Und ich möchte hier einen neuen Begriff hineinwerfen, der zutiefst das Christentum und die katholische Kirche beschreiben: Universalität. Für alle. 
Die Kirche ist keine Nationalkirche. Die Nächstenliebe richtet sich auch nicht nur an bestimmte Volksgruppen. Man muss auch die Deutschen zB. (oder die Afghanen, die US-Amerikaner oder…) lieben. 
Das liegt einfach in der Liebe Gottes begründet, die keine Grenzen kennt. 
Man zeichnet gerne Hassgrenzen zwischen den einzelnen Völkern und zeigt sich dann von der Ferne entsetzt.
Ich selber muss gestehen, dass ich auch Grenzen ziehe und oft wie der Priester und Levit im Evangelium weiter ziehe. 
Wie gerne würde ich mir meine Oberen, meine Brüder, meine Gäste anders backen. Immer gefallen die mir nicht. 
Du kannst dir deinen Nächsten nicht malen. Er oder sie wird immer wieder ganz konkret vor dir stehen. 

Für diese neue Woche wünsche ich Ihnen ein offenes Ohr, Tatkraft und das rechte Wort zur rechten Zeit auf den Lippen. 
Ganz eng sind diese beiden Gebote miteinander verbunden: Gottesliebe und Nächstenliebe. 
Es ist die selbe göttliche Kraft.
Die Kraft in mir, die es fertigbringt, dem anderen zu helfen und 
die Kraft der göttlichen Liebe, die mich aus dem Todesdschungel befreit. 
Dein Nächster / Deine Nächste steht schon gleich um die Ecke. Öffne ihr/ öffne Ihm dein Herz, so wie ER (Gott) Sein Herz für Dich öffnet. 

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Montag, 27. Mai 2019

Krise - Predigt zum 6. Sonntag der Osterzeit

In einer Krise befanden sich die Apostel und Ältesten am Anfang der Kirche. Große Unruhe breitete sich aus...
Zuerst hatte man den Nichtjuden gesagt, alles kein Problem, Ihr könnt auch getauft werden, ohne Jude zu werden oder die Gesetze des Alten Testaments anzunehmen. Und jetzt plötzlich wird ihnen gesagt, sie müssen sich doch beschneiden lassen. 
Mit welchem Selbstbewusstsein die Kirche antwortet ist genial. Die Paulus und Barnabas gehen nicht selber, sondern sie ermächtigen zwei andere: Judas, genannt Barsabbas, und Silas. 
Und natürlich ist es Autorität, die hier hervortritt: 
Denn der Heilige Geist und wir haben beschlossen, euch keine weitere Last aufzuerlegen als diese notwendigen Dinge (...) Apg 15,28
Für mich erkenne ich hier drei Wirkungsmächte des Heiligen Geistes:
ER hilft uns zu verstehen, was Jesus gemeint hat. Schließlich hat er die Pharisäer immer bekrittelt, dass sie den andern immer mehr und mehr Lasten aufbürden, sich selber aber nicht daran halten. Christsein heisst, frei sein von Zwängen und Ängsten und sich mutig dem Rufe Gottes im Alltag zu öffnen.
ER (der Heilige Geist) zieht Kreise. Nicht einer allein ist befähigt, sondern man gibt Verantwortung weiter. 
ER (der Heilige Geist) verhindert alte Wege und geht mit uns neue Wege. 
Es wird in diesen Tagen immer so getan, als ob aus einer Krise nur Untergang erwachsen kann. Sama ehrlich. Stagnation ist etwas viel schlimmeres, da in ihr niemals etwas neues erwachsen kann. Bei mir kommt da auch immer wieder das Bild von Jesus im Sturm hoch. Er ist in sich ruhend und um in herum ist alles laut und wankend. 
Komm Heiliger Geist, schenke uns Ruhe und Kraft, damit wir in den Stürmen unseres Lebens bestehen können und gestärkt daraus erwachsen. 

Texte vom 6. SONNTAG DER OSTERZEIT C
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Samstag, 18. Mai 2019

Mitgestalter dieser neuen Schöpfung

(Geliebte.) Kann man Blicke auf seinem Rücken spüren?
Also ich glaub schon. Und ich glaube die Gefährten Jesu haben Judas argwöhnisch nachgeschaut, als er den Saal verlies und der Verräter hat das gespürt. (Lesungen des Sonntags) Und der HERR?
Er hätte ALLEN GRUND DER WELT zum Groll gehabt. Er hätte die Augen verdrehen können, als Judas hinausging.  Aber das alles hat er nicht gemacht.
Ich denke, wie oft wir Groll haben. Wie oft wir andere und LEIDER auch uns selbst verfluchen. Und dafür haben wir doch so wenig oder gar keinen Grund. 
Wie oft wir die Augen verdrehen und denken, dass wir etwas besseres sind.
Wir begegnen hier dem Menschensohn, der voll Liebe ist. 
Gott ist die Liebe. 1 Joh 4,8b 
Wenn wir lieben, dann vergessen wir oft die Zeit. Man bleibt lange beieinander. Man verspricht sich Treue bis in Ewigkeit. Also anscheinend ist die Liebe wirklich auf Ewigkeit angelegt. Und so verstehe ich auch diese Vorwegnahme Jesu, die so typisch für das Johannesevangelium ist. Der Menschensohn Jesus ist verherrlicht, weil er liebt und in dieser Liebe bleibt. 
Und das ist auch Sein Testament an uns. Wenn wir einander lieben, wenn wir den Liebesdienst einander tun, dann bleiben wir in IHM. So steht ja auch im Johannesevangelium da, wo bei den anderen Evangelisten die Einsetzung der Heiligen Eu Eucharistie steht, die Fußwaschung. 
Christus Jesus bereitet seine Jünger und uns darauf vor, dass etwas Neues beginnt. Es geht darum, dass wir in die Liebe des Dreifaltigen Gottes hineingenommen sind. 
So sagt er: 
„Ich bin nur noch kurze Zeit bei euch.“  Joh 13,33a
Eine traurige Nachricht an sich. 
Der Autor der Offenbarung hat eine kräftige Vision. Doch er hat weder Drogen genommen, noch hat ihm sein Glaube den Verstand geraubt, sondern er ist in der Liebe. Er liebt und sieht diese Welt mit anderen Augen. Er sieht das, was wirklich zählt. Dieser Blick der Liebe ist nicht der Blick durch eine rosarote Brille, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat.  Nein, realitätsfremd ist des nicht. 
Diese Vision des Johannes ist keine Es-wird-irgendwann-mal-alles-wieder-gut-Vision; sie ist viel mehr eine super starke Tröstung. Nicht eine Vertröstung auf Später, sondern eine Tröstung im Hier und Jetzt. „Denn was früher war, ist vergangen.“ Gott macht alles neu, macht seine ganze Schöpfung neu. Und wir sind Mitgestalter dieser neuen Schöpfung. 
Ostern ist also der Sieg über den Tod. Ostern ist aber auch ein Fest, dass Auswirkungen haben muss auf unser HIER UND JETZT. Seit unserer Taufe sind wir dafür verantwortlich, wenn in Hall oder Admont, in unserer Firma, an unserer Schule, in unserer Familie nicht genug geliebt wird.
Liebe ist eine Kraft, die Neues schafft. Wir Christen wollen Neues. Wir leben voll Sehnsucht. Wir haben dieses Ziel der Gottesherrschaft und dürfen dem alles unterordnen. Dürfen so das Unwichtige, das Dunkle, das was nicht Liebe ist in uns, zurücklassen. 
Und vor allem sollen wir einander lieben. Sollen diesen Blick der Liebe üben. Sollen einander annehmen, wie er uns als seine Kinder angenommen hat. 
Wirkliche Liebe will immer Neues und Wachstum in den Beziehungen und will letztlich auch Ewigkeit.

Sonntag, 12. Mai 2019

der Hirte kennt seine Schafe

Sonntag, Montag, Dienstag der vergangenen Woche wurde in der berühmten Abtei Maria Laach in der Eifel kein Abt gewählt. Nach jahrelangen Streitereien haben es die ca. 30 Mönche auch dieses Mal nicht geschafft, sich auf einen Kandidaten zu einigen. Maria Laach ist in Deutschland nicht irgendein Kloster. Es hatte und hat Vorbildcharakter, wenn ich nur an die Postkarten, die Gärtnerei, die unzähligen Betriebe der Abtei denke. Maria Laach, da denke ich auch daran, dass der erste deutsche Bundeskanzler in dieser Abtei 1933 für ein Jahr bleiben konnte, weil er in der Stadt, wo er Oberbürgermeister war, plötzlich Persona non grata war. (Quelle)

Man kann sich ungefähr vorstellen, wie die Leute auf die Nichtwahl eines Oberen in Maria Laach reagiert haben: Trauer und Ohnmacht nach dem Motto „Wie soll es weiter gehen?“ Und machmal gab es dann auch Häme, nach dem Motto: „Seht wie sie einander lieben.“ 
Das Hirtesein ist in den Tagen wie diesen ja schon schwer, aber jetzt findet man auch gar keine Hirten mehr?! 
Die Tragweite einer Nichtwahl wird auch daran deutlich, dass es für ein Benediktinerkloster ein Privileg ist, dass sie ihren Abt eigenständig wählen dürfen und damit eine ziemlich große Unabhängigkeit genießen. 
Wahrscheinlich haben die Reporter Recht, wenn sie von Flügelkämpfen innerhalb der Abtei sprechen; die einen wollen das Kloster mehr nach außen öffnen (kulturell, medienwirksam), die anderen wollen sich mehr der Stille und Strenge des benediktinischen Lebens widmen.
Wie kann man Richtungskämpfe unterbinden oder gar verhindern? In einer Demokratie würde ich sagen durch Konsens, den kleinsten gemeinsamer Nenner oder die Besinnung auf das große Ganze. 
Aber Moment: Die Kirche ist ja keine Demokratie. Da ist es dann so, dass ein Bischof, ein Abt oder ein Pfarrer die Stoßrichtung vorgibt. Ganz im Sinne des guten Hirten vertraut dann die Herde, dass der Hirte es gut mit ihr meint und die Richtung schon stimmt. 
Und diesem Bild stämmen sich Kirchenkritiker mit aller Gewalt entgegen. „Wir wollen nicht Schaf sein!“ „Wir wollen unseren Hirten selber wählen!“ 
Und in der Tat haben sie Recht, wenn (ja wenn) der Hirte seine Schafe nicht kennt. Wie soll man jemandem folgen, den man nicht kennt? Wie soll mich jemand leiten, wenn er mich nicht kennt? 
Jesus bringt das Hirtesein auf diesen einen Punkt: 
„ich kenne sie, und sie folgen mir.“ Joh 10, 27b
Mir ist das zum Beispiel aufgefallen während der spirinight am Freitagabend. Da hatte ich eine Gruppe Jugendlicher vor mir sitzen. Ich habe ihnen etwas über meine Gebetspraxis erzählt und welche Formen des Gebets ich kenne und empfehle. Da fühlte sich einer bemüßigt, mich über den Missbrauch in den 70er Jahren zu befragen. Ob das denn wahr sei.. 
In dem Moment war mir klar, dass zB. die jungen Firmkandidaten ihre Priester gar nicht mehr kennen. Wir sind soooooooo weit weg. Nicht mehr präsent. Einmal - natürlich - weil wir weniger sind und nicht mehr jede Pfarre ihren Pfarrer hat, aber auch weil wir etwa kaum noch in den Schulen sind oder da sind, wo junge Leute sind. Und umgekehrt natürlich auch: Die jungen Leute gehen nicht mehr in die Kirche und wissen auch nichts mehr von ihrem Glauben, auf den sie eigentlich getauft sind. 

Es gibt für die Krise der Kirche verschiedene Lösungsansätze und ich möchte hier nur auf einen hinweisen: Jesus und später in der Apostelgeschichte Paulus und Barnabas gehen zu den Leuten und da wenden sie sich vor allem an die, die am Rande stehen, die nicht 100 % dazu gehören. 
Das sind in der heutigen Lesung die Proselyten. Leute, die nach strengem jüdischen Gesetz keine Juden waren, aber doch nach den Geboten der Thora leben wollten.
Christen, die sich um die Menschen am Rande kümmern, sind glaubwürdig.
Das ist ja auch das Bild vom Guten Hirten bei Jesus, der alle 99 zurücklässt, um das eine verlorene Schaf zu retten. „Ich habe dich zum Licht für die Völker gemacht, bis an das Ende der Erde sollst du das Heil sein.“ 
Und bei aller Demokratiedebatte in der Kirche darf man nicht vergessen, dass jeder getaufte Christ die Aufgabe hat, (1) den Glauben weiter zu geben, (2) Missstände anzuprangern und (3) sein eigenes Leben zu ordnen. 
Des Weiteren hat jeder getaufte Christ die Aufgabe, die Hirten an ihre Aufgaben zu erinnern. 
  • „Bitte Herr Pater schauen sie nach Frau X, die so einsam ist, ich gehe auch mit ihnen dorthin.“
  • „Bitte Herr Pater beten sie für Familie Y.“ <— das habe ich desöfteren in Ardning erlebt.
  • „Bitte Herr Pater, predigen sie mal wieder über den Muttertag und nicht nur über sich und ihresgleichen.“ 


Wie es der Geist ihnen eingab. Amen. 

Montag, 6. Mai 2019

Zwei Wölfe wohnen in jeder Brust

Ein alter, weiser Indianer sagte einmal zu einem Indianerbub: „Zwei Wölfe wohnen in jeder Brust: Ein Wolf der Dunkelheit, des Neides und der Verzweiflung und ein Wolf des Lichtes, der Liebe und der Vergebung.“ Darauf der Indianerbub: „Und welcher Wolf wird gewinnen?“ Der alte Indianer antwortet: „Der, den ich füttere.“

Samstag, 27. April 2019

Fertiges und Unfertiges in der jungen Kirche

Egal, ob ein Gemälde, ein Kirchenbau, ein Haus mit Garten, ein Buch oder ein Kinofilm. Der Mensch will da etwas perfektes schaffen. Etwas, das zu Ende gedacht ist und nicht nach 20 Minuten schon langweilig. Ähnlich ist das Johannes Evangelium komponiert. Nicht ohne Grund nennt man ihn ja „Johannes den Theologen“. Das fängt an mit dem Johannesprolog am Christtag und endet mit der ganz persönlichen Begegnung des Auferstandenen
  • mit der Apostelin der Apostel Maria (Joh 20)
  • mit dem Zweifler Thomas (Joh 20)
  • mit dem Apostelfürst Petrus. (Joh 21)
Ganz anders und manchmal unklar scheint mir da zum Beispiel das Markusevangelium. Da gibt es zum Beispiel am 16. Kapitel eine Erscheinung des Auferstandenen, die wahrscheinlich nachträglich zugefügt wurde. Wenn man diesen zugefügten Teil weg lässt, wäre das Ende des Markusevangeliums ziemlich trostlos. 
Da verließen sie das Grab und flohen; Den Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt. Und sie sagten niemandem etwas davon. Denn sie fürchteten sich. Markus 16,8
Na bravo, so kann man doch nicht eine Frohe Botschaft ändern lassen. 🔚 Das hat sich wahrscheinlich ein frommer Schreiberling gedacht und noch ein paar Verse hinzugefügt.
Kirche ist nichts fertiges. Das wird auch gerade in der Apostelgeschichte deutlich. Es gab damals keine Kirchengebäude aus Holz geschweige denn aus Stein. So versammelten sie sich in der Halle des Salomon - irgendeine äußere Säulenhalle unter ferner liefen. 
Auf der einen Seite erlebt die junge Kirche einen starken Zuspruch: Scharen von Männer und Frauen wurden zum Glauben geführt. Von außerhalb kamen viele Leute, um sich heilen zu lassen.
Auf der anderen Seite erlebt die junge Kirche eine starke Ablehnung. „Die übrigen wagten sich nicht, sich anzuschließen.“ noch im selben Kapitel ist von der Gefangennahme und der Freilassung der Apostel die Rede. Zwei Kapitel später (K7) erfährt man von der Steinigung des Stephanus. 
Kirche wird nie allein von der Auferstehung her gedacht, sondern es bedarf des Heiligen Geistes; deshalb feiern wir ja das Pfingstfest in sechs Wochen als Geburtstag der Kirche. 
Der Heilige Geist ist die Kraft in uns zu vergeben und Vergebung anzunehmen. Der Heilige Geist schafft eine heilige Woche. Es ist ja schon im heutigen Evangelium dieser besondere Wochen Rhythmus zu erkennen. Die Jünger trafen sich am Sonntag abend. Und dann eine Woche darauf kommt Jesus wieder in die Mitte der Jünger, jetzt ist auch Thomas dabei. Dies ist unser Auftrag: vergöttlichen wir den Sonntag und mit ihm die ganze Woche.

Texte des 2. Sonntags der Osterzeit
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Donnerstag, 18. April 2019

Schule des Gebets

Benediktinerstift Admont im Frühling 2019
Das Bild des brennenden Dachstuhls der Kathedrale Notre Dame in Paris hat sich in unser Gedächtnis eingeprägt. Sehr bewegt haben mich in der Nacht des Unglücks die Gesänge von einigen Parisern, die sich spontan zum Gesang und zum Gebet in einigem Abstand zur Kathedrale versammelt haben. Wie kommt dieses Lied und dieses Wort in einer Notlage auf deren Lippen? 
Wenn ich in Zeiten, wo es mir gut geht keine Lieder und Gebete habe, wie soll ich dann in Zeiten der Furcht und des Schreckens die richtige Melodie und die richtigen Worte finden?
Deshalb ist die Schule des Gebets so wichtig.
Am Sonntag habe ich eine Taufe in Frauenberg. Beim Taufgespräch hat mir der Vater von seinen Gebeten erzählt: Wie er mit seiner Tochter betet oder wie er den Rosenkranz betet. Ich kann mir vorstellen, dass einige Menschen in seiner Umgebung ihn belächeln und manchmal nicht für voll nehmen. Aber für den Vater ist Gebet eben keine Laune und kein überkommener Brauch sondern stete Gewohnheit. 
Jesus nimmt uns auf in die Schule des Gebets. 
Da sind zum Beispiel am Ostertag die enttäuschten Emmausjünger, deren Hoffnung vom stillen Begleiter (ja, es ist der Herr!) geweckt wird und die ihn schließlich drängen: „Bleibe bei uns; denn es wird Abend, der Tag hat sich schon geneigt!“ Auf den ersten Blick ist dies eine Geste der Gastfreundschaft, doch auf den zweiten Blick ist es ein inniges Gebet: „Gott, lass uns nicht allein in unserm Leben, wenn es dunkel wird.“
Da ist der Apostelfürst Petrus, der mit seiner Treue zu Gott prahlt wie ein Blinder mit einem Glasauge. Als es drauf ankam, war er so klein mit Hut und hat seinen Herrn Jesus dreimal verleugnet. Am See Genezareth fragt ihn Jesus dreimal „Liebst du mich?“ Nach dem dritten Mal sagt Petrus traurig: „Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich liebe.“ Er spürt sein eigenes Versagen und im selben Moment die vergebende Liebe Gottes. 
Da ist der ungläubige Apostel Thomas, der nicht dabei war, als der auferstandene Herr Jesus die versammelte Jüngerschar trifft; aber acht Tage drauf staunt er und bekennt ohne langes Geschnatter: „Mein Herr und mein Gott.“ Ein kurzes, starkes Gebet, das meinem Leben Richtung gibt. 
Lernen wir wieder beten und warten nicht auf die Momente des Schreckens. Es mag ja in der Industrie möglich sein, manche Bereiche outzusourcen. Aber beim Gebet ist das nicht möglich. Ich kann das Gebet für die Klein- oder Großwetterlage nicht einfach an Papst, Priester oder die Pastoralassistentin delegieren. Beten wir in Freude und Dankbarkeit füreinander und miteinander, damit wir in Zeiten der Not nicht mut- und wortlos daneben stehen. 

Sonntag, 31. März 2019

Wandlung in der Beziehung mit Gott

Leider habe ich heute die Abendmesse und so kann ich nicht bei der Erwähnung im Hochgebet für „unseren Papst Franziskus in Marokko“ beten. Da hat er sich nämlich heute in der Früh noch aufgehalten und den Sonntagsgottesdienst gefeiert.
Mittlerweile ist es ja so, dass ein Land in dem kaum Katholiken leben, mehr Aufmerksamkeit vom Papst bekommt als jedes halbwegs katholisch geprägte Land. (Aserbaidschan, Ägypten, Bangladesh, Abu Dhabi, Marokko). 
Irgendwie komme ich mir da vor wie der eifersüchtige Sohn im heutigen Gleichnis. Ich versuche meinen (geistlichen) Vater zu verstehen und seine Antwort, die er mir gibt: 
„Mein Kind, du bist immer bei mir und was mein ist, ist auch dein. Aber jetzt müssen wir doch feiern und fröhlich sein…“
Vielleicht kann ich ja doch noch von Papst etwas lernen…
Immerhin macht unser Heiliger Vater Ernst, wenn er anmahnt, dass wir Christen an die Ränder gehen sollen. Damit erinnert mich Papst Franziskus daran, dass Jesus ja auch an die Ränder gegangen ist (die Samaraterin am Brunnen, der Zollpächter Franziskus, Golgotha außerhalb der heiligen Stadt Jerusalem)
Immerhin macht unser Heiliger Vater Ernst mit seiner Namenswahl. Ähnlich wie Franziskus von Assisi geht er zum Sultan und redet mit ihm ohne Überheblichkeit. An diese Großtaten des heiligen Franziskus erinnert mich der Papst.
Nächste Woche darf ich gleich für drei verschiedene Schulen Beichte hören. Auf der einen Seite finde ich es wichtig und gut, dass wir Priester in die Schulen gehen, den Kontakt halten und selbstverständlich das Sakrament der Versöhnung anbieten. Auf der anderen Seite kann da kein langfristige Kultur erhalten bleiben, wenn die Eltern sich von den Sakramenten abwenden. Kinder folgen doch eher den Eltern. Das ist ganz natürlich. Und wenn man eine christliche Praxis haben will (zB Sonntagsgottesdienst), dann bringt es nur etwas, wenn die Eltern es vorleben.

Der verlorene Sohn erinnert sich heute im Evangelium daran, dass es die einfachen Angestellten seines Vaters  (Tagelöhner) besser haben als er. Das ist sein Beweggrund zurück zukehren zu seinem Vater. Er hat den Wunsch einfacher Tagelöhner zu werden. 
Mit keiner Silbe geht der barmherzige Vater auf diese Bitte ein. 
Ich glaube da liegt auch eine Versuchung für uns drin. Wir wollen einfache Knechte, Mägde, Dienstnehmer Gottes sein. So nach dem Motto: Wir erfüllen diese (moralische, gottesdienstliche) Pflicht und bekommen dafür ein Stück Himmel.
Mit keiner Silbe geht der barmherzige Vater auf diese Bitte ein. 
Hier wird deutlich, dass christliche Berufung mehr ist: Sohnschaft, Tochterschaft, Jüngerschaft. 
Gerade in dieser Geschichte des barmherzigen Vaters wird deutlich, dass Huld, Gnade und Barmherzigkeit immer mit der Wandlung unseres Herzens zu tun hat. 
Da ist nichts, was gegen unseren Willen geschieht. Da geht es nicht um dumpfe Pflichterfüllung. 
Ein weites Herz. 

Sonntag, 24. März 2019

die raue Botschaft Bertold Brechts und Jesu

Ich muss zugeben, dass ich am Freitag den Fehler gemacht habe und mir diesen neuen Bertold-Brecht-Film auf arte angeschaut habe. Zumindest den ersten Teil. Und ich muss sagen: hässlich. ungemütlich. zach. Da ham wir schon besseres gesehen von unseren Lieblingsnachbarn. 
Aber gut, wenn man Brecht verfilmt, was soll da anderes dabei herauskommen? Denn das, was er auf die Bühne gebracht hat, war nicht schön und wollte es auch gar nicht sein. Denken wir nur an die Antiheldin Mutter Courage, die ihre eigenen Kinder an den Krieg verkauft. Brecht hat uns diese schiache Welt des Krieges vor Augen geführt. Oder viel mehr: Er hat seinem Publikum einen Spiegel vorgehalten und sein eigenes Publikum beschimpft: Ihr seid die Täter, ihr habt beim Krieg mitzugeschaut… 

Ähnlich rau und heftig sind heute auch die Worte Jesu (Texte vom 3. Sonntag der Fastenzeit C). Leute kommen zu Jesus und wollen seine Meinung hören. Da ist er, dieser moralische Zeigefinger, der auf andere deutet. Da geht es doch immer darum, dass ich mich gut fühle. 
Hier ist es für mich wichtig, dass Jesus ihnen erstmal auch Recht gibt, ja die andern haben Schuld auf sich geladen. Aber dann kommt der Hammer Gottes: Glaubst Du etwa, Du hättest das ewige Leben verdient? Bist Du mit Deinen nicht vorhandenen guten Werken, deinen wenigen Gebeten und deinem Lästermaul etwa besser? Bist Du mit dem Groll, dem permanenten Unverständnis anderen gegenüber besser?
Zweimal antwortet uns Jesus und schreibt uns damit diesen Satz in unser Gewissen: „Nein, sage ich euch, vielmehr werdet ihr alle ebenso umkommen, wenn ihr nicht umkehrt. “ (Lk 13,3 und 5)

Da ist es: das negative Menschenbild, das einen Luther verzweifeln lies. Das negatives Menschenbild, das uns die Atheisten vorwerfen. Hat die Kirche nicht genau damit die Leute jahrhundertelang lang klein gehalten? 
Auf diesen harten Satz kommt keine Bauchbepinselung. Ach, so schlimm ist das gar nicht. 

Diesem negativen Menschenbild fügt unser Herrgott nicht irgendein Beispiel eines heiligen Menschen hinzu, sondern das Bild des Feigenbaums, der keine Früchte bringt. 
Hier geht es um diese liebevolle, sorgfältige Pflege, die dem verkrüppelten Bäumchen zuteil wird. Da wird noch ein Jahr gewartet (Geduld Gottes mit uns). Der Boden wird aufgegraben und gedüngt. (liebevolle Zuwendung Gottes). 
Nicht aufgrund unserer eigenen Werke werden wir gerettet, sondern, weil ER sich uns zuwendet. 
Ja, auch das ist Ostern: Das Gott uns dem Tod und der Unfreiheit entreißen will. 
„Ich bin herabgestiegen, um mein Volk der Hand der Ägypter zu entreißen und aus jenem Land hinaufzuführen in ein schönes, weites Land, in ein Land, in dem Milch und Honig fließen…“ 

Hier finde ich auch den Weg, der uns in dieses neue Leben und in diese Freiheit führt. G´tt sieht unser Leid. Er lässt unsere Klage nicht ungehört. Er teilt sich uns mit. Sagt dem Mose wie er heißt („Der Ich-bin hat mich zu euch gesandt.“ Ex 3,8a) und wird Mensch in Jesus Christus, um uns zu klar zu machen, wie G´tt wirklich ist. 
Er gibt dem Volk ein Gesetz, an das es sich halten soll. Ich denke hier an die Zehn Gebote. Ich denke aber auch an die vielen Gleichnisse, in denen uns Jesus erklärt, so ist Gott und entsprechend darf sich auch sein Bild, der Mensch, verhalten. 

Sonntag, 10. März 2019

das Böse kann auch im frommen Gewand daher kommen - Predigt 1. Fastensonntag

Wenn man sich die Fastentipps so anschaut, wo es um Abnehmen, Gesünder leben, umweltfreundlicher Leben usw. geht und wo der Glaube überhaupt keine Rolle mehr spielt, dann kommt es mir vor, als ob ein Bräutigam sich auf seine Hochzeit vorbereitet: er bestellt eine schöne Wallfahrtskirche, ein üppiges Festmahl beim Dorfwirt, einen Blumenschmuck, eine traumhafte Musik; aber was er bei all diesen Vorbereitungen vergessen hat: Er hat überhaupt keine Braut. Oder sie ist ihm längst irgendwo abhanden gekommen. 
Wobei natürlich der Körper eine wichtige Rolle in unserm Leben spielt. Wie meint Pater Karl Wallner OCist, der am 31. März in Admont ist:
Unsere Sportler dürfen gläubiger werden und unsere Priester dürfen sportlicher werden. 
Eine Fixierung nur auf Körper und nur auf Seele ist etwas einseitiges. Beides gehört zusammen oder wie Jesus im Evangelium sagt: Der Mensch lebt nicht nur von Brot.
Bevor Jesus öffentlich wirkt, wird er von Gott in die Wüste geführt. Auf sich gestellt. Ohne Freunde. Die Nerven liegen nach 40 Tage Fasten blank. 
Ja, Fasten geht an die Substanz. Ähnlich wie ein Regen den Schnee wegbringt und nicht unbedingt hübsche, kahle Erde zum Vorschein bringt.
Und dieser Kargheit besinnt sich der Gottmensch Jesus darauf, dass Essen eben nicht alles ist.
Der Mensch erscheint hier in seiner geistigen Dimension. Mit einem höheren Ziel: 
Jesus spricht: In der Schrift steht: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen.
Gewisse Höflichkeiten gelten bei uns als selbstverständlich. Wenn direkt hinter mir einer geht, schmeiße ich ihm nicht die Tür zu. Wenn ein Mensch redet, lass ich ihn ausreden. Wenn ich den Raum betrete, grüße ich die schon Anwesenden. 
Mose impft seinem Volk ein, dass der Dank gegenüber Gott selbstverständlich sein soll. Ihre Erstlingsgabe sollen sie dem HERRN darbringen und sich vor IHM niederwerfen. Das ist eine Gepflogenheit, eine für einen Christen selbstverständliche Unterordnung. So wie die Hirten und Magier selbstverständlich vor dem neugeborenen Jesuskind ihr Knie beugten. So wie der heilige Thomas eine Woche nach Ostern sein Bekenntnis sprach: „Mein Herr und mein Gott“. So wie Generationen vor uns ihre Kirchen und Bildstöcke gebaut haben, um IHM die Ehre zu erweisen.
Genauso selbstverständlich dürfen auch wir unsere Knie beugen vor unserm Herrgott. 
Für mich ist diese Bibelstelle so faszinierend, weil der Satan nicht einfach wüst verführt, sondern sogar die Heilige Schrift zitiert. Ja, das Böse kann auch im frommen Gewand daher kommen. Ich kann Bibelzitate benutzen, um den andern - der von Gott geliebte Mensch - runterzuputzen.  
Ganz zum Schluss sagt Jesus deshalb: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.
Wissen Sie, in Tagen wie diesen werde ich immer wieder gefragt, wie ich zum Islam stehe. Und ich muss Ihnen sagen, ich habe diesbezüglich schon vor über zehn Jahren für mich eine Entscheidung getroffen: Mir ist Atheismus lieber als Islam. Entschuldigen Sie diese Schwarz-Weiß-Malerei, aber ich möchte deutlich sein. Mir ist ein Atheismus, in dem der Mensch eigenverantwortlich ist, lieber, als ein Glaube, in dem Gott hergenommen wird, um den Menschen klein zu halten. 
Anbetung Gottes: Ja. Aber die Eigenverantwortung des Menschen bleibt. Der Mensch hat eine Würde und hat einen Willen. Beides soll er einsetzen und sich nicht auf Gott rausreden oder auf die da oben. Das ist unser christliches Menschenbild. Genauso habe ich den heiligen Papst Johannes Paul II. und seine beiden Nachfolger immer verstanden. 
Taktieren wird nicht mit Gott. Benutzen wir ihn nicht. Schieben wir nicht einen frommen Vorhang vor ihn. Nein, rechnen wir mit IHM. 
Machen wir es bitte nicht, wie der Student/ die Studentin, der / die nichts gelernt hat und dann kurz vor der Prüfung um eine gute Note betet. Bereiten wir uns vor auf Ostern. Bereiten wir unser Herz - unser Innerstes vor auf Ostern.

Paulus schrieb uns heute in Röm 10: denn wenn du mit deinem Mund bekennst: „Jesus ist der Herr“ und in deinem Herzen glaubst: „Gott hat ihn von den Toten auferweckt“, so wirst du gerettet werden. So bekennen wir: Ich glaube an Gott…

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Sonntag, 24. Februar 2019

das Ziel: unsere Erlösung - Predigt zum 7. Sonntag im Jahreskreis C

„Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist!“ (Texte vom 7. So i. J.)
- verliebt in diesen einen Satz. Andere haben damit massiv Probleme. 
Ein Frankfurter Franziskanerpater hat mir mal erzählt, dass er einem jugendlichen Verbrecher, der für seine Straftaten im Gefängnis einsaß, den Glauben näher bringen wollte. Und dabei erwähnt er auch, dass Gott die Menschen so sehr geliebt hat, dass er seinen einzigen Sohn für die Welt hingegen hat und er für unsere Sünden am Kreuz gestorben ist. 
Der junge Mann schaut den Pater daraufhin wütend an: „Ja warum ist er denn nicht selber gegangen. Hat er Angst gehabt? Warum gibt er seinen Sohn hin?“ Geradezu wütend war der Gefangene, weil er selber in seinem Leben von seinem Vater so enttäuscht war. 

Ich glaube, es gibt einfach Erzählungen im Evangelium, die dem einen mehr und dem anderen weniger taugen. 
Und gerade wenn man zB. den Vater grob, ihnen jedes Verständnis oder abwesend erlebt hat, dann kann man mit dem positiven Vaterbild, das uns Jesus immer wieder vermittelt und das sich ja in seinem himmlischen Vater widerspiegelt herzlich wenig anfangen. 

Und da ist er wieder, der Fehler, den wir machen,

Dienstag, 19. Februar 2019

die Grundvollzüge der Kirche - Predigt im Feber 2019

Gestern habe ich den Fehler gemacht und bin mit dem Auto durch das Ennstal gefahren: das sollte man nicht an einem Samstag in den Semesterferien machen! Kurz nach der Ostausfahrt Stainach kam es dann zum Stau. Mein Beifahrer meinte, da wäre ich besser abgefahren. Leider hat er das auch zu spät bemerkt. Und dann kommt diese Stelle bei der Auffahrt Stainach West, wo die Schlauen, die auf ihr Navi gehört haben oder die Ortskundigen sich wieder in den normalen Verkehr einfädeln wollen.  Von rechts kommt also so ein dicker, fetter Kia. Er versucht sich in die große Lücke zwischen mir und meinem Vordermann zu bewegen. Und er schaut natürlich nicht. Mit einer Selbstverständlichkeiten fährt er da rein. Das ist das was uns an Verkehr in Mitteleuropa so unsympathisch macht. Man kann sich gar nicht mehr anschauen. Geschweige denn bedanken. (Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich nicht weniger freundlich reagiert habe und so getan habe, als ob ich ihn nicht sehe…) Ähnlich (nicht schauend) machen es auch viele Fußgänger in Admont. Sie gehen einfach über die Straße; wenn sie wenigstens den Fahrer, der für sie bremst, kurz anblicken würden.
In einem ganz anderen Zusammenhang hat Kardinal Schönborn in diesen Tagen erwähnt, wie wichtig es ist, mein Gegenüber ernst zu nehmen. Er sprach über die Missbrauchsopfer, die von uns nicht sofort antworten erwarten. Es geht darum, dass ich die Opfer ernst nehmen, Ihnen zuhöre. Die Kirche darf in diesem Moment nicht den Anspruch haben, auf alles eine Antwort zu wissen.
Wenn Christus die Seligsprüche und Wehesprüche sagt (Evangelium vom Sonntag), schaut er seine Jünger an; er nimmt sie ernst. Er redet nicht von irgendeinem transzendenten Wesen. Schaut nicht abwesend in den Himmel. Er nimmt uns Ernst und schaut in die tiefste Tiefe unseres Herzens. Diese Sprüche Jesu sind eine Zusage Gottes an uns. ER spricht uns Mut zu. Aber er ermahnt uns auch, dass wir uns unsere Sache nicht zu sicher sein sollen. ER darf uns ja ermahnen; wer sonst, wenn nicht ER. 
Letzte Woche war ich in meiner Heimat auf Urlaub. Da sammeln sie in der Pfarrei zur Zeit Unterschriften, um Kardinal Marx zu unterstützen, damit er sich in Rom beim Missbrauchsgipfel gegen das Pflichtzölibat, für eine andere Sexualmoral oder für das Frauenpriestertum einsetzt.
Wenn man eine Straftat benutzt und sie instrumentalisiert für seine (politische) Agenda, dann ist das nicht o. k. Das geschieht oft genug. Das machen Rechtsradikale oder Linksradikale zu genüge. Natürlich kann man kirchenpolitisch Partei beziehen. Aber ein Unrecht zu instrumentalisieren, um Dinge durchzusetzen die man seit Jahrzehnten fordert, da stimmt was nicht.
Was sind eigentlich die Aufgaben einer Pfarre? Natürlich sind wir versucht immer alles auf die anderen abzuschieben („die da oben“) und kirchenpolitisch zu fordern. Die Aufgaben der Kirche sind in der Tradition klar formuliert:
Martyria- Das Zeugnis für Christus, für das Evangelium. Das ist eine Predigt. Das ist aber auch jedes Zeugnis, dass ich im Alltag für meinen Gott gebe.
Liturgia- Der Gottesdienst. Eine würdige Feier des Gottesdienstes. Sicher ist hier auch der lebendiger Vollzug der Sakramente. 
Diakonia- die Nächstenliebe: dem Nächsten helfen.
Wenn wir diese Grundvollzüge der Kirche umsetzen, dann findet Wandlung statt. Dann wird das Wort Gottes lebendig, es wird Fleisch.
Das schöne ist, dass unserem Herrgott dies nicht egal ist. Es ist eine Freude Gottes, wenn er unter uns Menschen wohnt. (siehe Tagesgebet)

Samstag, 9. Februar 2019

das Heilige neu entdecken - meine Sonntagspredigt

Das Obere Ennstal unterscheidet sich von unserer Region in einer markanten Sache: Die Leute dort sind alle miteinander perdu. Ich muss da immer an einen sehr kräftig gebauten Franziskaner denken, der als Aushilfe mal in irgendeinem Tiroler Bergdorf erschien. Er stand in der Sakristei und versuchte sich anzukleiden. Da kam ein kleiner Ministrant zu ihm. Umrundete ihn neugierig und fragte: „Bischd des alles Du.“
Wenn man „Auf Du“ ist wahrscheinlich vieles ziemlich unkompliziert. Schwierig wird es vielleicht dann, wenn man jeden und jede nur noch als guten Kumpel sieht und es kann dann ein gewisse Abflachung der Beziehungen stattfinden.
In den heutigen Texten des Tages wird die Autorität Gottes und seines menschgewordenen Sohnes besonders deutlich. ER ist eben nicht einfach ein guter Kumpel oder das liebe Jesulein. Er ist Gott. 
Heilig, heilig, heilig ist der Herr der Heere. Von seiner Herrlichkeit ist die ganze Erde erfüllt. Jesaja 6,3
Und gegenüber diesem heiligen Gott stehe ich in meiner Kleinheit und Unbedeutsamkeit. Das wird heute bei der Berufungsgeschichte des Propheten Jesaja, des Völkerapostel Paulus (Paulus übertreibt es gar noch und benutzt das drastische Wort. „Missgeburt“) und des Apostelfürsten Petrus deutlich. Beide ja keine Nebenakteure der Heiligen Schrift, sondern zentrale Gestalten. Aber eben erst einmal Sünder. Und dann Sprachrohr Gottes und Menschenfischer. 
Deshalb steht doch am Beginn der Heiligen Messe das Schuldbekenntnis und das Kyrie Eleison (Herr, erbarme dich) und dann kommt erst mit der Wandlung und der Kommunion unsere Vergöttlichung. Step by Step. 

Dieses Heilige an Jesus Christus wird für mich auch in diesem Abstand deutlich. Er fährt mit einem Boot raus und predigt von dort dem Volk. Das ist wahrscheinlich auch eine praktische Sache, damit er nicht von den Leuten überrannt wird und lehren kann. Aber dieses Boot ist eben auch eine Katheder, ein Lehrstuhl. Und wir sind Schüler und Schülerinnen oder in diesem Fall besser: Hörende. 
Ich muss zugeben, dass ich noch in einer Zeit aufgewachsen bin, wo der Lehrer leicht erhöht seinen Schreibtisch im Klassenzimmer hatte. 

Natürlich muss dieser Sinn für das Heilige innerlich und äußerlich sein. Wenn ich laufend als Mönch nur im Sitzen bete, dann vollziehe ich nicht mit meinem Körper, was ich auf den Lippen oder in den Gedanken habe. Ich Gedachte darf gar nicht ganzheitlich werden. Ja, wir reden beim Essen und beim Müllvermeidung von Ganzheitlichkeit, aber unser Glaube ist dann oft nur in den Gedanken oder höchstens noch auf den Lippen. 
Umgekehrt kann es natürlich auch gehen, dass ich ohne Andacht Kniebeuge, Kreuzzeichen oder gar Kommunionempfang mache. Alles ist dann nur noch eine Hülle, die mein inneres Heidentum versteckt. 

Das Heilige gilt es in unserm Leben wieder zu entdecken. Ich denke an den Altarraum, die mögliche Beleuchtung unserer Haller Kirche, die vielen Kapellen und Marterln, die sich gerade jetzt mit dem Schnee wunderbar in diese herrliche Landschaft einfügen und uns zeigen ER ist unter uns. 
Das Heilige gilt es in unserm Leben wieder zu entdecken. In jedem menschlichen Angesicht. Im täglichen Miteinander. In dem der mir hilft, aber auch in dem, dem ich helfe, begegnet mir Gott.
Das Heilige gilt es in unserm Leben wieder zu entdecken. In unserer Gebetshaltung. Im Stehen, wenn ich mich von Gott gesegnet und gesendet fühle, im Knien, wenn ich mich einfach nur klein machen will vor dem Allmächtigen. Im Verneigen, wenn ich Gott oder meinen Mitmenschen ihre Würde erfahre…

Sonntag, 20. Januar 2019

Predigt - Einheit und Hingabe

In dieser Woche betet die Kirche besonders um Einheit. In viele Konfessionen ist die Kirche und damit der Leib Christi gespalten. Und wenn wir von Einheit der Christen sprechen, schauen wir auf die ganze Welt. Nicht nur auf unser kleines Österreich, sondern auf alle Regionen der Welt. ZB auf Lateinamerika, wo vermehrt evangelikale Gemeinschaften der katholischen Kirche das Wasser abgraben. Ich möchte lernen von den Evangelikalen, da sie die Anbetung Gottes und den Lobpreis so ernst nehmen. Leben und Glauben sind nicht getrennt, sondern ein Leben aus dem Glauben, dass Jesus HERR ist, soll bestimmend sein. 
Ich denke heute besonders an die orthodoxen Christen in Russland und der Ukraine. Seit zwei Wochen gibt es eine furchtbare Spaltung zwischen Russland und dem Rest der orthodoxen Welt inklusive der Ukraine. Ich möchte nicht, dass Nationalismus entscheidend ist für meinen Glauben.  Bei den Orthodoxen formt die Kirche die Nation und die Nation die Kirche. Nö, das will ich nicht.
Und doch können wir lernen, dass wir Traditionen als Katholiken in dieser unserer Alpenrepublik hochhalten und so ein ganz eigenes fröhliches, christliches Profil schärfen. Wir können lernen von den Orthodoxen, dass Liturgie nicht irgendeine Spielerei ist oder zum belanglosen Gelaber verkommt. Liturgie ist bei den Orthodoxen immer göttlich und Teilhabe an der himmlischen Anbetung Gottes. So what?! 
Ich denke auch an alle Christen im Nahen Osten. An die seit Jahrtausend dort lebenden Christen, die ihre angestammte Heimat verlassen mussten. An die vielen Hausgemeinden ZB im Iran, wo man inzwischen schätzt, dass 800.000 Iraner Christen sind. Einer geschützten Minderheit angehörend oder heimlich, weil die Konversion zum Christentum mit dem Tod bestraft wird. (Quelle: opendoors)

Wenn sich ein Afghane entscheidet CHRIST zu werden, wird er in aller Regel von seiner gesamten Verwandtschaft, von seinen eigenen Eltern und Schwestern und Brüder verstoßen. Geächtet.  (Quelle: opendoors)

Ich denke heute an die tausenden Muslime, die Christen werden wollen, aber sich nicht taufen lassen, weil sie sonst geächtet oder gar getötet werden.
Hat mein christlicher Glaube eigentlich irgendeine Konsequenz oder lebe ich unter der Woche als ob Gott nicht existiert? 
Auffällig im heutigen Evangelium ist wie Maria sich zurückstellt. Wie sie einfach auf ihren Sohn verweist. „Was er euch sagt, das tut!“ 
Und dann steht da die klare Aussage Jesu: „Meine Stunde ist noch nicht gekommen.“ Gleich zu Beginn des Johannesevangeliums weist Jesus somit auf die Stunde seiner Hingabe hin, wo er sich ganz für uns hingibt. Wie die Traube in der Kelter wird er für uns zermalmt. 
Und was am Ende heraus kommt ist ein Getränk der Freude. Ewige Freude durch göttliche Hingabe. 
Gestern war das Requiem und Begräbnis für unsere Schwester Gertraud in Steinerkirchen. Da waren 14 Admonter Patres versammelt und die Gemeinschaft der Schwestern, die halt zum Teil schon älter sind. Abt Gerhard hat eine sehr persönliche, dankbare Predigt gehalten.
Für mich ist ein Requiem immer eine Feier, wo man den Lebenslauf des Menschen vorliest und somit das Leben des Menschen Gott anempfiehlt - mit allen Höhen und Tiefen.
Der Admont Kirchenchor hat dabei das Admonter Krippenlied gesungen. Das hatte sich Schwester Gertraud gewünscht. Und Sie können sich vorstellen, dass das herzaufweichend war. Ich bin in diesem Moment dahingeschmolzen, weil es die verstorbene Schwester mit ihrem Wunsch geschafft hat, dass auch ich heuer das bekannte Krippenlied hören durfte. 
Für mich war dieses Geschenk des Kirchenchores auch ein Geschenk an die Schwesterngemeinschaft. Ihr habt uns Schwester Gertraud gegeben, wir geben euch als kleines Dankeschön das beste was wir haben. Ein Lied über die Geburt des HERRN. 
Es geht um Hingabe. Gott gibt sich uns hin. 
Jesus, wandle Du mein Wasser der Trübsal in Freude.
Jesus, wandle Du mein Wasser der Vergeblichkeit in Treue.
Jesus, wandle Du mein Wasser der Ängstlichkeit in Tapferkeit.
Jesus, wandle Du mein Wasser der Frustration in Lebensmut.

Sonntag, 13. Januar 2019

Predigt zu Stephen Hawking und die Taufe des Herrn

Letztes Jahr verstarb der britische Astrophysiker Stephen Hawking. Er ist mit Paul VI., Johannes Paul II., Benedikt XVI. Und Franziskus gleich vier Päpsten begegnet und wurde Mitte der 80er in die Päpstliche Akademie der Wissenschaften aufgenommen. Und das als bekennender Atheist. Für Stephen Hawking war es erwiesen, dass Gott nicht existiert und das begründete er gerade auch mit dem Anfang des Universums. So erforschte er die Schwarzen Löcher, in denen ganze Sonnensysteme verschwinden können. Und dann ging es ihm wohl darum, dass er die Sache einfach umgedreht hat. Aus eben so einem schwarzen Loch (oder etwas ähnlichem?!) entstand umgekehrt unser Universum. Und ein schwarzes Loch kennt den Zeitbegriff nicht. Also kann ohne diese Zeit eben auch kein vorher gewesen sein. Es gab diese Zeit der Welterschaffung nicht, weil eben alles aus Nichts entstanden ist. 
(Dass so ein scharfer Denker in die Päpstliche Akademie der Wissenschaften aufgenommen wurde, verwundert. Aber für uns als Christen ist es wichtig, dass wir uns der Diskussion stellen und nicht alles mit dem frommen Denkmäntelchen verhüllen.) 
Gestern hat mir mein alter Freund Rudi aus St. Gallen eine Nachricht geschickt, wo ein Mensch den Unterschied zwischen Wissenschaft, Theologie und Esoterik erklärt. Ein Wissenschafter vermutet im Kühlschrank ist noch Bier. Aufgrund dieser Vermutung schaut er nach. Das ist Wissenschaft. 
Im Unterschied zur Theologie. Da werden Vermutungen nicht überprüft. Ich sage einfach, im Kühlschrank ist Bier, aber ich überprüfe es nicht. Wenn ich nachschaue, bin ich Wissenschafter. Wenn ich nachschaue, kein Bier finde, aber dann trotzdem behaupte, es wäre Bier drin, dann bin ich Esoteriker. 
😅 Diese kleine Geschichte lässt die Theologie noch relativ gut wegkommen.
Für einen Atheisten ist es meistens klar, dass Glaube lediglich Wunschdenken ist. Ähnliches ja auch der Religionskritiker Ludwig Feuerbach. So lassen wir einfach mal einen Atheisten das heutige Evangelium lesen. Er würde sagen, dass das Volk „voll Erwartung“ ist und dann diese Erwartung auf Jesus projiziert. Sie sagen dann: Er ist es der, der uns rettet. 
Ebenso kann man diese Stimme aus dem Off deuten. So sehnt sich ja der Mensch, angenommen und geliebt zu sein. Und diese tiefe Sehnsucht des Menschen findet dann ihre Antwort in der Zusage aus dem Himmel: „Du bist mein geliebter Sohn.“ 
Gerade an der Taufe Jesu im Jordan scheiden sich die Geister. Schon im 2. Jh. gab es Leute die sagten, schaut euch die Taufe Jesu an. Da wird der Mensch Jesus von Gott adoptiert.  Vorher war er ein ganz normaler Mensch. (Adoptionismus) 
Vielleicht baut ein Rudolf Steiner oder der Gründer des Islams auf eben diesen Gedanken auf. 
Doch zurück zu Stephen Hawking und dem Beginn des Universums. Denken wir noch einmal an das Nichts, das am Anfang war. Ein Nichtort. Eine Nichtzeit. Eine Nichtordnung. Es gab in diesem Anfang keine Naturgesetze. Und wir würden diesen Ort vielleicht auch als Chaos bezeichnen. 
Diesen Anfang nennt die Bibel ja ähnlich: 
„1. Am Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde. 2. Und die Erde war tohu wa-bohu.“ Der hebräische Begriff bedeutet nach Luther „wüst und leer“. Dabei bezeichnet tohu die „Öde“ oder „Leere“, wa bedeutet „und“ und bohu drückt die Bedeutung von „ungeordnet sein“ aus.[1] Die Einheitsübersetzung gibt die Stelle mit „wüst und wirr“ wieder (Genesis 1,2 EU). In der Neuen evangelistischen Übersetzung wird die Stelle mit „Die Erde war formlos und leer“ wiedergegeben. Die Übersetzung Martin Bubers und Franz Rosenzweigs (Die Schrift) gibt nicht die wörtliche Bedeutung wieder, sondern überträgt das Stilmittel: „Irrsal und Wirrsal“. (Quelle - wiki)
Gerade in diesem Schneechaos kann man sich vorstellen, was das ist.
Und der Schöpfungshymnus am Anfang der Bibel erklärt ja, wie die Ordnung - die Lebensordnung - in dieses Chaos gekommen ist und wie der Mensch durch seine Sünde diese Ordnung zerstört hat.
Jetzt in der Taufe Jesu erscheint diese göttliche Ordnung wieder. 
Auf dass es zum Guten gereicht. Auf dass es gut wird. 
Die Taufe des Johannes funktioniert ja so, dass der Mensch hineinsteigt ins Wasser und dann rein gewaschen wird. Beim Gottmenschen Jesus ist es anders. Er, das makellose Lamm, steigt in das Wasser und heiligt es. Er heiligt und ordnet die Schöpfung neu. 
Man merkt hier, dass es nicht um eine Selbsterhöhung des Menschen geht; es geht nicht darum, dass wir um unserer selbst willen erhöht werden, sondern, wenn wir mit Jesus sind, dann sind wir neue Schöpfung und lassen uns mit ihm hinziehen zum himmlischen Vater - zum Guten
Ich stehe doch nicht hier, weil ich als Kirchenmann die unten alle unter meiner Fuchtel haben will. Ich verkünde die  Gotteskindschaft. Als Kinder Gottes sind wir befreit und können durch gute Worte und Werke mitwirken an der neuen Schöpfung.
Nein, das vermag ein Stephen Hawking nicht zu denken. Er will die DNA des Menschen verbessern (verschlimmbessern?). Er will Planeten erobern. 
Johannes der Täufer, der Bußprediger, und Jesus Christus, das Lamm ohne Fehl und Makel, sie wollen uns, wollen diese Schöpfung wie sie ist, erlösen und befreien. Amen.