Sonntag, 4. August 2019

ein Gnadenjahr des Herrn - Sonntagspredigt

Ich find´s immer so lustig, wenn man denkt bestimmte soziologische Gegebenheiten oder Schwierigkeiten gäbe es erst heute. ZB die Patschworkfamilie. (oder heisst es „paatschworkfamily“?) Was war denn die Heilige Familie anders, wo der Josef eben nicht der leibliche Vater war und Maria und das Kind als liebender Ehemann und Vater angenommen hat? Die halbe Unterlaussa bestand vor 100 Jahren aus Patschworkfamilien. Und jetzt wollen sie uns beibringen, das wäre etwas neues. 
Oder ich denke an Erbstreitigkeiten. An Familienstreit und Neid, die oft nach einem Erbe entstehen. So rischdisch bös Blut. Gerade Bauern sind da oft betroffen. 
Und gegeben hat’s das schon vor 2000 Jahren, wie wir heute im Evangelium gehört haben. Da ist es doch selbstverständlich, dass man zum Rabbi geht und sagt, er solle das klären. Die Familie droht zu zerreißen und Jesus will sich da nicht einmischen?! Er ist offenbar nicht zuständig. „Mensch, wer hat mich zum Richter oder Erbteiler bei euch eingesetzt?“ 
Das klingt so ähnlich wie Papst Franziskus, der in einer Pressekonferenz in seinem Raumschiff, nein natürlich in der Alitalia -Maschine zwischen Brasilien und Rom 2013 diesen Halbsatz gesagt hat: „(…) wer bin ich, um ihn zu verurteilen?“ (Quelle)
Man erwartet manchmal vergebens von einer Autorität eine Aussage, einen Freispruch, eine klare Ansage.
Aber vielleicht will unser Herr Jesus mit seiner Zurückweisung und mit dieser Geschichte einfach nur auf des Pudels Kern hindeuten: Was bringt das beste Urteil, wenn ich zutiefst unzufrieden in meinem Herzen bin? Was bringt es, wenn ich mehr bekomme und dann immer noch mehr will? 
Der Bauer aus dem Gleichnis hat die Sache nicht verstanden und hat das Größtmögliche für sich aus dem Ackerboden herausgeholt. „So sehen Sieger aus!“, würden die Kinder dieser Welt singen. 
(1) Ein vernünftiger Bauer weiß, dass er seinen Boden auch schonen muss. (2) Ein vernünftiger Unternehmer weiß, dass er seinen Arbeitern Freizeit gönnt usw.
Im 2. Buch Mose (Exodus) gibt es eine Beschränkung, damit der Mensch „nicht das Letzte (…)  – aus den Ressourcen der Erde aus dem Kapital, aus der Arbeitskraft der Anderen (und aus der eigenen auch) herauszuholt.“
Es geht dabei um keine Vierjahresfolge wie beim Schaltjahr oder bei der Olympiade oder um eine Dekade, sondern um sechs Jahre Arbeit und dann ein Sabbatjahr. Wir kennen das ja von der Wocheneinteilung (sechs Arbeitstage und einen Tag der Ruhe). In diesem Sabbatjahr soll das Feld brach liegen. Und dann kannte das 2. Buch Mose auch noch ein Jubeljahr nach sechs Sabbatjahren - also alle 50 Jahre - sollte nicht nur das Feld nicht bestellt werden, sondern auch die Arbeitnehmer in die Freiheit entlassen und die Schulden erlassen werden. 
Man kann sich ungefähr vorstellen, wie die fleißigen Römer über diese Sitte der Israeliten dachten: „Solche faulen Säcke.“
Aber wie hat eigentlich Jesus darüber gedacht? Bei der Wochenruhe fallen uns die Episoden ein, wo ER am Sabbat geheilt hat, wo Seine hungrigen Schüler Ähren abrissen und wo ER gesagt hat: „Der Sabbat ist für den Menschen da und nicht der Mensch für den Sabbat.“ 
Aber was ist mit dem Sabbatjahr und dem Jubeljahr? 
Ganz zu Beginn des öffentlichen Wirkens Jesu findet das Erwähnung: „Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.“ Lk 4,18
Vielleicht ist dieses Jubeljahr schon in Vergessenheit geraten. Jesus erneuert es. 
Jesus erneuert es durch uns. Denn wir sind Gesalbte, wir sind Christen und sollen (wie es uns Paulus heute schreibt) Unzucht, Unreinheit, Leidenschaft, böse Begierde, Lüge und die Habsucht in uns töten. Das ist wahrlich ein Gnadenjahr des HERRN. Das ist wahrlich neue Schöpfung. 


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