Sonntag, 11. August 2019

heilige Klara - eine starke und zarte Frau

So viel hätten wir uns vorgenommen. Natürlich ist man nach zwei Jahren als Seelsorger hier im Pfarrverband auch ein wenig enttäuscht und sagt sich, man hätte doch so viel tun können. (ach lasst mich mal in Wehmut baden) 
Es gibt ja in der heiligen Kirche (oder außerhalb von ihr) immer wieder so kleine Revolten, wo man Kirche verändern will (oder vom Sockel stoßen will). Zölibat, Frauenpriestertum, Verheiratung von Schwulen, die Möglichkeit mehrmals zu heiraten. Und nein, auch da hat sich die Kirche in den letzen zwei Jahren nicht geändert. 
Wohltuend, interessant und heilsam ist in diesem Zusammenhang immer ein Blick zurück auf die Geschichte, wo Frauen durchaus Macht hatten: 
Die Äbtissinnen von Las Huelgas in Kastilien war die Grundherrin über über 60 Herrschaften und Ortschaften, ließ Kandidaten zur Priesterweihe zu, bestellte Pfarrer und erteilte die Beicht- und Predigtvollmacht. Wenn man mal vom Predigtdienst und vom Vorstehen bei der Messe absieht, hatte so eine Prälatin die gleichen Befugnisse, wie etwa ein Abt von Admont. So was hat’s gegeben. 
Katharina von Siena und Birgitta von Schweden übten Druck auf den Papst aus, so dass dieser wieder von Avignon nach Rom zurückkehrt. 
Zu nennen wäre natürlich auch noch Hildegard von Bingen, die in Korrespondenz mit allen anderen Größen ihrer Zeit stand.
Alles interessanterweise Frauen des ach so düsteren Mittelalters. Und eine weitere Frau möchte ich heute an ihrem Festtag erwähnen: Klara von Assisi, die sich Anfang des 13. Jh. mit 19 Jahren der Armutsbewegung des heiligen Franziskus anschloss. Ihre Statue steht in der Südwestlichen Kapelle und sie wird immer mit einer Monstranz dargestellt. 
Mit gerade mal 31 Jahren war sie ganz ans Bett gefesselt. Aber deshalb hat ihr Wirken nicht aufgehört. So wird zum Beispiel berichtet, dass Soldaten des exkommunizierten Kaiser Friedrich II. in der Assisi plündern wollten. Sie hat ihr Krankenbett kurz verlassen, ließ sich vor die Pforte ihres Klosters tragen und hielt den Räubern die Monstranz entgegen. Die waren so erschreckt, dass sie von dannen zogen. 
Ihr ganzes Leben kämpfte Klara um ihre eigene Ordensregel. Zwei Tage vor ihrem Tod wurde die Regel des Klarissenordens von Papst Innozenz IV. bestätigt. 
Warum hat das so lang gedauert? Wahrscheinlich weil die Päpste es doch nur gut mit ihr meinten und den jungen Orden mit ein paar Privilegien ausstatten wollten. Doch Klara wollte das Privileg, keine Privilegien zu haben. 
Darin liegt das Geheimnis dieser starken, zarten Frau. 
Ich würde hier vorne nicht stehen, wenn ich nicht von so vielen starken, zarten Frauen umgeben wäre. Zuerst natürlich die Mutter der Gnade, die mich im Rosenkranzgebet immer wieder an die Hand nimmt und mit mir das Leben ihres Sohnes Jesus Christus betrachtet. 
Aber dann natürlich auch Rosalia, Katharina, Barbara und Cäcilia, die überlebensgroß hier in der Kirche einen Kreis bilden und mich immer wieder zum Kreuz Jesu führen und mich anleiten wollen, das Kreuz zärtlich zu umarmen. 
Ihre Hüften sind gegürtet und ihre Lampen brennen! Sie sind Menschen, die auf ihren Herrn warten, der von einer Hochzeit zurückkehrt, damit sie ihm sogleich öffnen, wenn er kommt und anklopft!
Ich denke natürlich auch an die Frauen, die mit so viel Engagement das Friedensgebet in Irdning oder die Anbetung in Liezen organisieren. An unsere Mesnerinnen und Pfarrgemeinderäte, ohne die unsere Pfarren längst einpacken könnten. An die Sängerinnen, die im Duett oder im Chor ihre Liebe zum Herrn besingen. An die von Frauen gehaltenen Betstunden. 
Und natürlich ist unsere Kirche eine Kirche von Frauen. Und warum sollte man ihnen nicht mehr Privilegien geben?
Trotzdem ist für mich die Äbtissin von Burgos (Las Huelgas in Kastilien) kein Beispiel, wie Kirche im 21. Jh. gestaltet werden soll. Katharina, Brigitta, Hildegard und natürlich Klara, das sind die starken, sanften Frauen, die uns Männern der Kirche den Spiegel vorhalten und uns alle geistlich weiterbringen. 

Stelle Deinen Geist vor den Spiegel der Ewigkeit, stelle Deine Seele in den Glanz der Glorie, stelle Dein Herz vor das Bild der göttlichen Wesenheit und forme Dich selbst durch die Beschauung gänzlich um in das Abbild seiner Gottheit. (Aus dem Dritten Brief der heiligen Klara an die heilige Agnes von Prag)

Haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.

Samstag, 10. August 2019

das Gebet von Sara und Tobias - Predigt zur Hochzeit

Hochzeitspredigt zum Gebet von Sara und Tobias (Tob 8, 4-8)
Liebe N., lieber N.
Ich muss zugeben, das ist eine etwas gewagte Lesung. Sie stammt aus dem kleinen alttestamentlichen Buch Tobit, dass vom jungen Tobias erzählt, der mit seinem Hündchen und dem Erzengel Raphael auf eine gefährliche Reise geschickt wird und dort schließlich auch seine Frau Sara kennen- und lieben lernt. 
Die Umstände für die beiden scheinen alles andere als günstig, deshalb endet die Lesung heute auch so schiach: 
Raguël (es handelt sich um den Vater der Braut) stand auf und rief die Knechte zu sich und sie gingen und hoben ein Grab aus. Tob 8,8
Er „weiß“, dass die Geschichte schlecht enden muss. Vielleicht steht Raguël für all die Dumpfbacken auf der Welt, die eh wissen, dass es schief gehen muss, dass darauf ja kein Segen liegen kann. Natürlich kann man sich trotzig erheben und ein „jetzt erst recht“ sprechen. Aber das geschieht in unserer Erzählung nicht egoistisch und kämpferisch, sondern zärtlich und innig. Kurz bevor sich die beiden miteinander ins Bett legen raffen sie sich auf zum Gebet. So typisch für ein biblisches bzw. christliches Gebet ist, dass man Gott an seine Heilstaten erinnert. So nach dem Motto: Gott, Du hast doch diese wunderbare Welt gemacht und alle Geschöpfe inklusive uns heute, sollen, ja wollen, Dich preisen & Dir danken… Gott, Du hast doch den Menschen als Mann und Frau erschaffen.. Gott, Du siehst doch selber keinen Sinn darin, dass der Mensch allein bleibt…
Und jetzt kommt etwas total Interessantes: Sara und Tobias beten nicht, dass Gott ihnen verzeiht / sich ihrer erbarmt, sondern sie sie beten: 
Befiehl, dass wir beide Erbarmen finden. Tob 8,7b
Sie vertrauen, darauf, dass sie beide bei Gott sind und dass ER ihnen längst verziehen hat. Dass sie mit Gott im Licht sind. Aber sie merken, wie schwoarz und dunkel manchmal die Umgebung sein kann und sie beten, dass sie in der Welt, in ihrer Umgebung bei den anderen Menschen Erbarmen erfahren. 
Liebe Sara, lieber Tobias, eh nein, 
liebe N, lieber N. 
Ich wünsche Euch, dass Ihr Euch geborgen wisst: In Eurer Familie, bei Euren Freunden und beim menschenfreundlichen Gott. 
Dass alles glatt geht, das wünsche ich Euch nicht; 
aber dass Ihr mit viel Kraft und Kreativität die Gefahren und Ausweglosigkeiten meistert, das wünsche ich Euch. Mit Gottes und Eurer Freunde Hilfe. Amen. 

Sonntag, 4. August 2019

ein Gnadenjahr des Herrn - Sonntagspredigt

Ich find´s immer so lustig, wenn man denkt bestimmte soziologische Gegebenheiten oder Schwierigkeiten gäbe es erst heute. ZB die Patschworkfamilie. (oder heisst es „paatschworkfamily“?) Was war denn die Heilige Familie anders, wo der Josef eben nicht der leibliche Vater war und Maria und das Kind als liebender Ehemann und Vater angenommen hat? Die halbe Unterlaussa bestand vor 100 Jahren aus Patschworkfamilien. Und jetzt wollen sie uns beibringen, das wäre etwas neues. 
Oder ich denke an Erbstreitigkeiten. An Familienstreit und Neid, die oft nach einem Erbe entstehen. So rischdisch bös Blut. Gerade Bauern sind da oft betroffen. 
Und gegeben hat’s das schon vor 2000 Jahren, wie wir heute im Evangelium gehört haben. Da ist es doch selbstverständlich, dass man zum Rabbi geht und sagt, er solle das klären. Die Familie droht zu zerreißen und Jesus will sich da nicht einmischen?! Er ist offenbar nicht zuständig. „Mensch, wer hat mich zum Richter oder Erbteiler bei euch eingesetzt?“ 
Das klingt so ähnlich wie Papst Franziskus, der in einer Pressekonferenz in seinem Raumschiff, nein natürlich in der Alitalia -Maschine zwischen Brasilien und Rom 2013 diesen Halbsatz gesagt hat: „(…) wer bin ich, um ihn zu verurteilen?“ (Quelle)
Man erwartet manchmal vergebens von einer Autorität eine Aussage, einen Freispruch, eine klare Ansage.
Aber vielleicht will unser Herr Jesus mit seiner Zurückweisung und mit dieser Geschichte einfach nur auf des Pudels Kern hindeuten: Was bringt das beste Urteil, wenn ich zutiefst unzufrieden in meinem Herzen bin? Was bringt es, wenn ich mehr bekomme und dann immer noch mehr will? 
Der Bauer aus dem Gleichnis hat die Sache nicht verstanden und hat das Größtmögliche für sich aus dem Ackerboden herausgeholt. „So sehen Sieger aus!“, würden die Kinder dieser Welt singen. 
(1) Ein vernünftiger Bauer weiß, dass er seinen Boden auch schonen muss. (2) Ein vernünftiger Unternehmer weiß, dass er seinen Arbeitern Freizeit gönnt usw.
Im 2. Buch Mose (Exodus) gibt es eine Beschränkung, damit der Mensch „nicht das Letzte (…)  – aus den Ressourcen der Erde aus dem Kapital, aus der Arbeitskraft der Anderen (und aus der eigenen auch) herauszuholt.“
Es geht dabei um keine Vierjahresfolge wie beim Schaltjahr oder bei der Olympiade oder um eine Dekade, sondern um sechs Jahre Arbeit und dann ein Sabbatjahr. Wir kennen das ja von der Wocheneinteilung (sechs Arbeitstage und einen Tag der Ruhe). In diesem Sabbatjahr soll das Feld brach liegen. Und dann kannte das 2. Buch Mose auch noch ein Jubeljahr nach sechs Sabbatjahren - also alle 50 Jahre - sollte nicht nur das Feld nicht bestellt werden, sondern auch die Arbeitnehmer in die Freiheit entlassen und die Schulden erlassen werden. 
Man kann sich ungefähr vorstellen, wie die fleißigen Römer über diese Sitte der Israeliten dachten: „Solche faulen Säcke.“
Aber wie hat eigentlich Jesus darüber gedacht? Bei der Wochenruhe fallen uns die Episoden ein, wo ER am Sabbat geheilt hat, wo Seine hungrigen Schüler Ähren abrissen und wo ER gesagt hat: „Der Sabbat ist für den Menschen da und nicht der Mensch für den Sabbat.“ 
Aber was ist mit dem Sabbatjahr und dem Jubeljahr? 
Ganz zu Beginn des öffentlichen Wirkens Jesu findet das Erwähnung: „Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.“ Lk 4,18
Vielleicht ist dieses Jubeljahr schon in Vergessenheit geraten. Jesus erneuert es. 
Jesus erneuert es durch uns. Denn wir sind Gesalbte, wir sind Christen und sollen (wie es uns Paulus heute schreibt) Unzucht, Unreinheit, Leidenschaft, böse Begierde, Lüge und die Habsucht in uns töten. Das ist wahrlich ein Gnadenjahr des HERRN. Das ist wahrlich neue Schöpfung.