Samstag, 14. September 2019

Nation des Kreuzes.

Liebe Nation des Kreuzes.
Als vor vier Jahren ein libyscher Ableger des Islamischen Gottesstaates 21 Kopten enthauptet hatte, wählten die Mörder den Titel „Eine in Blut geschriebene Nachricht an die Nation des Kreuzes“ um das entsprechende Video zu verbreiten. 
Im Gegensatz zu vielen Christen in Europa, wissen sowohl die Christen im Nahen Osten als auch ihre Verfolger, dass wir Christen zutiefst mit dem Kreuz verbunden sind. 
Und ich gebe zu, dass ist kein einfacher Gedanke, den man als Mensch des 21. Jahrhunderts so mal eben für sich annehmen kann. Mir kommt vor, dass viele Christen, oder die, die sich so nennen, sich befreien wollen von jedem traurigen Gedanken und somit auch vom Kreuz. 
Die Darstellungen des Kreuzes sind so verschieden und entsprechen damit unserer bunten Gesellschaft. Herrliche goldene und mit Edelstein besetzte Kreuze als Halsschmuck, einfache, moderne Holzkreuze, überlebensgroße Darstellungen der Kreuzigung Jesu, geschriebene Ikonen… 
Irgendwann vor ein oder zwei Jahren, habe ich für mich beschlossen, dass das Kreuz Mittelpunkt einer jeden Kirche ist und ich zuerst das Kreuz suche, wenn ich in eine Kirche komme. 
Ich denke heute auch an unseren designierten Mesner Oxy, der vor zwei Jahren verstorben ist, wie er nach jedem Gottesdienst hier in der Kirche vorm Kreuz im Mittelgang kniete und so innig mit unserm Jesus im Leiden vereint war. 
Er hat sich nicht geschämt vor allen Leuten da einfach sich hinzuknien. Wie oft schämen wir uns für unseren Glauben und vermeiden deshalb diese innigen Gesten?
Wenn ich das Kreuz berühre, umarme, es küsse, es anbete, dann weil Jesus seinen Weg ganz gegangen ist, weil er uns am Kreuz mit hineinnimmt in die Liebe zwischen ihm und seinem Vater, weil er unsere Dunkelheit erlebt hat. Am Kreuz hat Jesus für uns zu seinem Vater gebetet. Dieses priesterliche Gebet fleht der Sohn sterbend und ohne Schuld zu seinem himmlischen Vater. Und wenn er nicht im Grab liegen geblieben ist, bleiben auch wir nicht liegen, sondern werden MIT IHM auferstehen/ wird unsere Dunkelheit wieder hell. 
Mir fällt auf, dass viele moderne Kreuzesdarstellungen nichts mehr vom Leid erzählen; sie sind oft ohne Korpus,  manchmal bunt gestaltet oder der Korpus ist schon als Auferstandener verklärt. Kann man machen, ist aber langfristig und vom Glaubensweg her nicht sinnvoll. 
Das Kreuz ist nicht kommentarlos auf den harten Boden von Golgotha gestellt worden, sondern bedarf einer Einbettung in die Geschichte Israels und in die Geschichte Jesu und seiner Jünger. 
Das Schandmahl ist nicht annehmbar für den Menschen im ersten Jahrhundert. Es stellt die maximale Ächtung da, die man einem Menschen zu Teil werden lassen konnte. Und dieses „Warum, Gott?“, „warum, Herr Jesus?“ zieht sich durch die Bibel vom Propheten Jesaja über Nikodemus zu Petrus und der frühen Kirche. Es war auch für die Leute damals nicht leicht annehmbar. 
Es gibt Leiden, von denen man die Menschen nicht heilen sollte, weil sie der einzige Schutz gegen weit ernstere sind. (Marcel Proust)
Ich will sie um Gottes willen nicht einladen, dass Leiden zu suchen oder darin in Lethargie zu verharren. 
Liebe Nation des Kreuzes. Ich will sie einladen, dass Kreuz zu umarmen, es anzunehmen und sich mit dem Gekreuzigten zu vereinen. 
Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt,
dass er seinen einzigen Sohn hingab,
damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht,
sondern ewiges Leben hat. Joh 3,16
_____.    _____.    _____. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen