Mittwoch, 26. Dezember 2018

die drei schiachsten Orte der Welt - meine Predigt zur Christmette

Es war ein Stall. Manche Forscher sprechen auch von einer Höhle. Außerhalb der Stadt kam Jesus zur Welt. Ein schiacher Ort. Jesus war außen vor. Wie ein Aussätziger. 
Verzeihen Sie mir, aber ich möchte in dieser Heiligen Nacht auch an drei Ort erinnern, die ich für die schiachsten Orte der Welt halte. Drei Orte aus verschiedenen Zeiten.
Erster schiachster Ort: Da ist zB. der Krieg. Wir sind so weit von ihm entfernt und man sagt, gerade Menschen, die ihn hier erlebt haben, sind die größten Kriegsbefürworter. Unter uns gibt es niemanden, der einen Krieg erlebt hat. Und doch erzählte unserer Eltern und Großeltern davon. Der Schrecken steckt einem über Generationen in den Knochen. Ich möchte eine Geschichte erzählen zum Krieg. Sie spielt in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Wenn die Geschichte so nicht stattgefunden hat, so ist sie doch mindestens gut erfunden und berührt unser Herz. 
In einem sibirischen Kriegsgefangenenlager war die Leitung besonders gemein. Feststimmung sollte bei den Kriegsgefangenen nicht aufkommen. Der Heiligabend war nicht nur ein normaler Arbeitstag, vielmehr lies man die Männer über das normaler Pensum hinaus arbeiten.
Am Abend verschwanden alle todmüde in ihren Baracken. Erschöpft und auch ein wenig traurig.
Spät in der Nacht lies der Lagerkommandant alle Männer wecken. Aufstellung auf dem riesigen Lagerplatz und Ansprache über die Lautsprecher.
Es ertönte eine Botschaft, die die Kriegsgefangenen ins Mark treffen sollte:
„Heute wird in eurer Heimat von den Reaktionären ein Fest namens „Weihnachten“ gefeiert. Bei diesem Fest werden viele Märchen erzählt, die den Arbeiter und Bauern gefügig als Unmündige halten sollen.
Wir im Kommunismus feiern keine Feste. Im Arbeiter- und Bauernstaat wird gearbeitet.
Zum Ruhm der Sowjetunion singen wir nun die Internationale – das Kampflied der weltweiten Arbeiterbewegung.
Die Internationale wurde über die Lautsprecheranlage angestimmt. Doch unter den Lagerinsassen wollten und konnten die meisten nicht mitsingen. Ihnen war nicht zum Singen zumute. Leise fing plötzlich ein Mann an „Stille Nacht, heilige Nacht“ zu singen. Dann waren es zwei, dann drei, schließlich sangen über tausend Männer zitternd vor Kälte und mit weinenden Augen ihr Weihnachtslied.

Die letzte Strophe sangen sie besonders laut und fast trotzig: „Tönt es laut von fern und nah: Christ, der Retter ist da, Christ, der Retter ist da!“
Weit hinein in die sibirische Schneelandschaft schien die Botschaft von Weihnachten nachzuklingen. Dann plötzlich eisiges Schweigen. Furcht. Was würde geschehen?!
Der Lagerkommandant war irritiert. Fragenden Blickes wandte er sich an den Dolmetscher. Der trat zu ihm heran und sagte auf Russisch: „Das war die Internationale nach deutschem Text und deutscher Melodie!“. (Quelle zu dieser Geschichte)

Diese Geschichte zeigt mir, dass es sich lohnt auf Jesus zu vertrauen. Dass das Bekenntnis zu Gott und seinem Sohn uns auch in schwieriger Lage zusammenhält und stärkt.

Zweiter schiachster Ort: Vor ziemlich genau zwei Wochen habe ich den schiachsten Platz Österreichs besucht. Das Bundesverwaltungsgericht in der Erdbergstraße in Wien. Ein hässlicher Bau aus den 70er Jahren. Hier wird entschieden, ob die Flüchtlinge Asyl bekommen oder keinen Aufenthaltstitel bekommen. Wie in allen Gemeinschaften gibt es auch hier Menschen, die sich aufgegeben haben/ die nicht mehr weiter wollen. Wenn man dieses Gebäude betritt, wird man richtig runter gedrückt von dieser Traurigkeit. 
Dieses Bundesverwaltungsgericht entscheidet auch über Leben und Tod. Das drohende Urteil hängt oft wie ein Schwert über den jungen Menschen. (Es wird berichtet, dass einige ausgeflogen wurden und dann nie mehr lebend gesichtet wurden.)
Und doch gibt es Hoffnung. Dieser schiachste Ort wird  von vielen Menschen aufgehübscht. (wie wir Österreicher sagen). Da ist eine Richterin, die klar ihre Meinung sagt und ihre Wut gegenüber den Eltern der Flüchtlinge nicht verbergen kann (die schicken ihre Kinder auf die 6.000 km lange Reise). Da sind Richter, die mit Herzblut für ihren Mandanten kämpfen. Da ist ein ehemaliger Betreuer, der extra aus Graz anreist. Da ist eine Pensionistin, die den Burschen ab und zu bei sich willkommen heißt.  Man kann zur Flüchtlingspolitik stehen, wie man will.
Aber es gibt so viele Helferinnen und Helfer, die mit ganzem Herz für die Flüchtlinge da sind. 

Dritter schiachster Ort: Wenn ein Mensch auf tragische Weise stirbt und man nicht mehr an einen barmherzigen Gott glauben kann. Man nimmt das Kreuz reist es von der Wand und wirft es auf den Boden. „Wie tief willst du, Gott, dass ich noch sinke.“ Vielleicht ist man in seiner Trauer auch gar nicht mehr fähig wütend zu sein?! Mir persönlich ist in solch einer Situation gewusst geworden, dass es dann oft die kleinen Dinge sind, die mich trösten. 
Stellen sie sich vor die Gnade Gottes ist wie eine riesige Goldmünze, die auf uns herab kommt. Sie würde uns erdrückend. Da ist es besser, wenn die Gnade Gottes in einer kleinen Münze kommt. Und so kommt auch der Trost in einer Trauer oft. Es sind die kleinen Dinge, die uns am Leben erhalten. Die kleinen Freundlichkeiten. 
Nehmen wir uns an Weihnachten vor, dass wir im Kleinen freundlich zueinander sind. Dass wir im Kleinen die oft hässliche Welt wieder lebenswert machen.
Amen.

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